Der Sinn und Unsinn unseres Wirtschaftssystems

Zitat von EuroPaule

Hallo,
also was uns in Deutschland und Mitteleuropa angeht, sind wir vom reinen Kapitalismus genauso weit weg, wie vom ursprünglichen Kommunismus.
Das belegen schon die Sozialausgaben in den Staatshaushalten.
So gesehen ist die einfache Kapitalismuskritik aus meiner Sicht nicht ausreichend, um das Problem in Gänze zu erfassen und zu verstehen.

Hier gebe ich dir recht.
Um mit den Kernpunkten zu beginnen kann man festhalten, dass die Zufriedenheit in der westlichen Welt seit ca. Anfang der 80iger Jahre nicht mehr wirklich wahrnehmbar gewachsen ist, obwohl unser materieller Reichtum zugenommen hat.
Ein ganz interessanter Artikel dazu:
Glücksforschung: Die Suche nach dem Beweis | Wirtschaft | ZEIT ONLINE

Außerdem kann man in Deutschland und auch in ganz Europa sehr gut beobachten wie ein Unternehmen aufgebaut sind und wie die Menschen an Entscheidungen heran gehen.
So wird in den meisten Unternehmen z.B. Wert auf Effizienz gelegt.
Dies bedeutet für sie jedoch keine wirkliche Effizienz,
bei der ich gucke, wie ich am besten die Bedürfnisse erfüllen kann
(bzw. glücklich werden kann), wobei natürlich Geld eine entscheidende Rolle spielt, sondern es wird einseitig nur auf das Geld fokussiert.
Dies ist natürlich ineffizient im Vergleich zu einer weitergehend Betrachtung, bei der es sich z.B. lohnen kann einen Auftrag weniger anzunehmen um sich Stress zu ersparen.
Weiterhin kann man auch kritisieren, dass es oft keinen Anreiz gibt anderen Unternehmen zu helfen, obwohl dies insgesamt für die Wirtschaft effizienter wäre...
Die Konkurrenz ist wichtig, kann jedoch auch zur starken Vereinzelung und damit zur Ineffizienz, sowie zu einem starkem Konkurrenzdenken, welches wiederum nicht gerade Zufriedenheitsfördernd ist und damit Ineffizient werden kann, führen.
Weiterhin wird oft kurzfristiges Denken ( nicht länger als man selber lebt ) belohnt.
Die Liste könnte ich jetzt noch weiter führen, aber ich glaube dass reicht erst einmal...

Zitat von EuroPaule

In der Praxis scheint mit unsere Gesellschaftsform vom Grundsatz her die am besten geeignete für das persönliche Glück. Zumindest von den real existierenden (auch historisch).

Gruß Paule

Nunja dass ist eigentlich nicht so eindeutig wie beschrieben:
Der „Happy Planet Index“ der New Economics Foundation erbrachte, dass die glücklichsten Menschen nicht da leben, wo man sie vermutet – etwa in den USA, Australien oder Europa. Sie leben auf der vom Klimawandel bedrohten, ärmlichen Insel Vanuatu im Südpazifik. Deutschland rangiert auf dem weltweiten Glücksindex mit Platz 81 im Mittelfeld.

Hingegen Englische Psychologen der Uni Leicester werteten Umfragen mit mehr als 80 000 Teilnehmern zum Thema Glück aus und verglichen Studien aus 178 Nationen: Das Glück wohnt ihrer Untersuchung zufolge vor allem in Dänemark, der Schweiz und in Österreich. Deutschland belegt Platz 35.

...

Insgesamt kann man ja allein durch meine aufgeführten Punkte erkennen, dass es sich nicht um einen Optimalzustand handelt und man sehr viel verbessern kann...
Wenn z.B. die Zufriedenheit durch mehr Reichtum nicht mehr wesentlich wächst ist es vielleicht sinnvoller mehr Zeit und Geld in die Persönlichkeitsentwicklung, die Familie und Freunde und in Hobbies oder Projekte, bei denen man sich besser selbstverwirklichen kann zu stecken...

Zitat von EuroPaule

Meine Frage:
Was tust Du selbst in Deinem Alltag, um den von Dir gewünschten Zustand herbeizuführen?

Ich investiere viel Zeit für Hobbies und interessante Tätigkeiten wie z.B. diesen Text schreiben, Ich versuche Stress zu vermeiden,Ich versuche bei Diskussionen dem Diskussionspartner mehr Respekt gegenüber zu bringen, so dass man nachgeben kann ohne sich unterzuordnen, Ich meditiere (versuche die Erwartungshaltungen zurückzuschrauben, aber nicht diese aufzugeben - also mehr wahrzunehmen, befor ich urteile), Ich fliege ein Jahr nach Botswana (FSJ)...
Ich bin auch schon zimmlich glücklich mit meinem Leben
So zufrieden, dass ich mich damit abfinden könnte jetzt zu sterben, da ich schon viel schönes erlebt habe.

MfG Bulgur

Hallo,
alles was Du schreibst ist irgendwo richtig, aber andererseits auch sehr vielschichtig.
Die Betrachtung zu den Unternehmen z.B. ist relativ pauschal. Wir haben sehr viel unterschiedliche Unternehmen, in welchen sehr unterschiedlich gehandelt wird.
Deine Schilderung trifft wohl am ehesten auf Großkonzerne zu. Aber die "meiste Wirtschaft" findet im Mittelstand und in kleinen Unternehmen statt. Und hier ist Welt sehr bunt .... .
Ich weiß nicht, welche Gesellschaftsform in Vanuatu vorherrscht, aber die Schweiz, Dänemark und Österreich sind nicht mehr oder weniger kapitalistisch als Deutschland. Insofern bezweifle ich, dass "der Kapitalismus" Grund für die Zufriedenheitsunterschiede ist.

Meine Theorie:
Die Dänen haben das Meer, die Österreicher und die Schweizer die Berge.
Die Deutschen haben von beidem nur ein bisschen und ansonsten nur die Arbeit...

Schönes Wochendene!

Paule

Zitat von Bulgur

Hier gebe ich dir recht.
So wird in den meisten Unternehmen z.B. Wert auf Effizienz gelegt.
Dies bedeutet für sie jedoch keine wirkliche Effizienz,
bei der ich gucke, wie ich am besten die Bedürfnisse erfüllen kann
(bzw. glücklich werden kann), wobei natürlich Geld eine entscheidende Rolle spielt, sondern es wird einseitig nur auf das Geld fokussiert.

Der witz ist doch gerade, dass Geld als ein Umrechnungsfaktor verwendet werden kann, der völlig unabhängig von solchen Variablen wie Werten (moralischer Art) oder Glück ist. Das Problem an letzteren ist nämlich, dass sie immer wieder unterschiedlich definiert werden. Hier zu einer klaren Prioritätensetzung zu kommen ist halt schwer. Schau dir doch die ganzen Religionen und ihren Streit an. Das ist nur ein Beispiel. Durch Geld kann quasi die Handlungsmotivation auf einen Nenner gebracht werden: Wir wollen mehr davon. Dadurch ist ein Prioritätensystem vorgegeben, welches man logisch (wohlgemerkt nur in diesem System) maximieren kann. Das ist nunmal attraktiv um Wirtschafts zu steuern UND geht mit einem gewissen "Geiz" Bedürfnis einher. Eine starke Kominbation. Aber wie gesagt, diese Variable ist halt oftmals unabhängig von Glück.

Hallo,

vielleicht ist die uns Deutschen eigene ständige Unzufriedenheit aber auch für was gut.

Ein Spruch sagt:

"Unzufriedenheit ist die Wurzel des Fortschrittes!"

Da ist was wahres dran. Schließlich haben wir es trotz des empfundenen "Unglückes" in vielen Bereichen doch ganz schön weit gebracht, oder?

Gruß Paule

(Nicht, dass ich damit etwa zufrieden wäre...)

Ich bin ganz deiner Meinung. Der Kapitalismus hat viele neue ethische und persönliche Probleme geschaffen. Ich denke es wird noch mal eine Trendwende geben die zu einem neuen Wirtschaftssystem führen wird. Ob wir das noch erleben und wie das System aussehen wird kann ich an dieser Stelle nicht sagen. Die Lage spitzt sich zu und es kann nicht ewig so weiter gehen. Das muss jedem klar sein.

Wollt ihr wirklich zurück ins Steinzeitalter. Ich glaube wir vergessen die vielen Vorteile die uns der Kapitalismus beschert hat. Ich selber stamme aus dem Mittelstand. Eine dieser schönen Nebenerscheinungen.