Widerrufsjoker - Erfahrungen

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  1. Avatar von enduristi
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    Standard Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.

    Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.

    Grüsse

    Endu

  2. Avatar von ducnici
    ducnici ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Die DEVK wurde vor dem LG Würzburg erfolgreich auf Kostendeckung verklagt, Az. im Bericht


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    https://rae-schieder.de/devk-rechtsc...agen-erteilen/

  3. Avatar von Advokat
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zum Thema lückenhafte Widerrufsinformation - Beitrag # 21419

    Die Kanzlei Stenz & Rogoz hat auf Ihrer Homepage unter Nr. 4 einer Aufstellung der 10 zentralen Widerrufssachverhalte diesen Fall aufgelistet. Meine kürzlich dort erfolgte Anfrage, ob diesbezüglich gerichtliche Entscheidungen ergangen sind oder es einschlägige Erfahrungen mit betroffenen Kreditinstituten gibt, ist bislang noch nicht beantwortet worden.

  4. Avatar von Advokat
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Betr.: Widerrufsinformation Darlehensverträge ab 30.07.2010

    Unzulässige Sammelbelehrungen zu verbundenen Geschäften – wenn keine verbundenen Geschäfte vorliegen

    In der Widerrufsinformation zu Darlehensverträgen mit Abschlusszeitpunkt ab dem 11.06.2010 finden sich oftmals „Besondere Hinweise“ und/oder erweiterte Belehrungen in den Widerrufsfolgen über „verbundene Geschäfte“ oder „angegebene Geschäfte“, obwohl solche Geschäfte nicht vorliegen (regelmäßig liegen solche Geschäfte, insbesondere Verbundgeschäfte, nicht vor). Solche Sammelbelehrungen, die für Altverträge noch erlaubt gewesen sind, sind für Verträge, die ab dem 30.07.2010 geschlossen wurden, aufgrund einer Gesetzesänderung nicht mehr zulässig und begründen die Fehlerhaftigkeit der erteilten Widerrufsinformation (vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.2017 – XI ZR 66/16 Rz. 11; BGH, Urteil vom 21.02.2017 – XI ZR 467/15; OLG München, Urteil vom 09.11.2017 – 14 U 465/17)

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Neues zum Thema Widerruf von KfW-Darlehen

    Dazu ein Auszug der Kommentierung von Möller im Beck-Online-Kommentar BGB 48. Auflage 1.08.2018


    ee) Förderdarlehen (Abs. BGB § 491 Absatz 2 S. 2 Nr. 5)

    86Abs. BGB § 491 Absatz 2 S. 2 Nr. 5 nimmt schließlich Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge aus, die mit einem begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse abgeschlossen werden und für den Darlehensnehmer hinsichtlich der Bedingungen günstiger sind als es dem marktüblichen Durchschnitt entspricht bzw. die den marktüblichen Sollzinssatz nicht überschreiten. (…)

    87Die Bewertung als günstiger kann sich aus dem Sollzinssatz im Vergleich mit dem marktüblichen ergeben oder auch aus anderen Entlastungen für den Darlehensnehmer wie zB einer tilgungsfreien Zeit (Begr. RegE, BT-Drs. 16/11643, 77 reSp). Das Erfordernis der Unmittelbarkeit, das die Vorgängerregelung zwischen der Förderanstalt und dem Darlehensnehmer statuierte, ist aufgegeben und damit auf Veränderungen in der Praxis Rücksicht genommen. Förderdarlehen werden idR über private Banken ausgereicht. Man spricht von „durchgeleiteten“ Förderdarlehen (Bedenken gegen einen zu weitgehenden Ausschluss des Verbraucherschutzes bei Kulke VuR 2009, VUR Jahr 2009 Seite 378). Mit guten Gründen wird dafür plädiert, bei parallel abgeschlossenen Verbraucher- und Förderdarlehen ein für letzteres eingeräumtes, vertragliches Widerrufsrecht als gesetzliches zu behandeln (Servais BKR 2016, S.152)



  6. Avatar von Advokat
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Betr.: § 355 Abs. 4 BGB a. F. – Erlöschen des Widerrufsrechtes nach 6 Monaten?

    Ein Kreditinstitut beruft sich unter Bezugnahme auf mehrere einschlägige Entscheidungen darauf, dass aufgrund der seinerzeit für eine mehrmonatige Übergangszeit gültigen Rechtslage ab dem 11.06.2010 für einen im Juli 2010 abgeschlossenen Immobiliendarlehensvertrag das Widerrufsrecht mit Ablauf von 6 Monaten nach Vertragsschluss erloschen sei. (LG Hamburg, Urt. v. 02.07.2018 – 330 O 208/17; OLG Celle Beschl. v. 25.01.2018 – 3 U 198/17; OLG Köln, Beschl. v. 01.09.2017 – 12 U 203/16 = BeckRS 2017, 133467.)

    Ich habe in vager Erinnerung, dass dieses Thema vor längerer Zeit bereits einmal im „Forum“ behandelt wurde, kann aber diesbezügliche Beiträge nicht finden.

    Gibt es möglicherweise zu diesem Thema abweichende Gerichtsentscheidungen?

  7. Avatar von Texis
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Soweit es Servais angeht, denke ich, dass der XI. Senat das in der Besetzung anders sehen wird. Bisher hat er vertraglich eingeräumten Widerrufsrechten explizit nicht den Umfang des gesetzlichen WR zugebilligt. Warum sollte der Senat davon abweichen.

    Allein der Umstand, dass er bei den Pflichtinformationen bzw. deren Umfang diesen Grundsatz etwas zu durchbrochen haben scheint, reicht für die Annahme m.E. nicht aus.

    Letztlich muss man auch einfach sagen, wollte der Gesetzgeber die KfW Darlehen an dem Punkt aus dem WR raus haben, den gesetzgeberischen Willen sollte man hier nicht ganz ignorieren. Bei den Fernabsatzverträgen bleibt i.d.R. zudem noch das Fernabsatzwiderrufsrecht bei KfW Verträgen.

    Ob und was für ein WR dem DN in dem Zeitraum vom 11.06.2010 - 29.07.2010 zusteht, sollte dringend mal vom BGH geklärt werden.

    Die Ansicht mit dem Erlöschen wird gerne mal vertreten. Aber das käme nur dann in Betracht, wenn ordnungsgemäß belehrt wurde und die weiteren Infos erteilt wurden. Den S. 3 des damaligen § 355 Abs. 4 BGB sollte man nicht ausser Acht lassen.

    Wichtig an der Stelle ist m.E. u.a. auch das der § 495 BGB damals die Pflichtinformationen nach § 492 Abs. 2 BGB noch nicht zur Voraussetzung des WR gemacht hatte. Die WRI i.d.R. aber darauf abstellen. Das könnte man jetzt für eine zulässige Überbelehrung halten, vielleicht läuft es auch darauf hinaus, aber anders als für den Zeitraum ab dem 30.07.2010 können sich die Banken gerade nicht auf den "klaren" Gesetzeswortlaut berufen (wie u.a. das OLG Köln vertreten hat). Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und die Gesetzeslage alsbald bereinigt. Die Frage ist nur, welches Verfahren wird davon zum BGH kommen, was wird dort vorgetragen und bei wem läd der BGH die Folgend der verfehlte Gesetzeslage aus der Zeit ab, dem DN oder der Bank.
    Zumal viele Banken in der Zeit auch noch in den Klammern die Aufsichtsbehörde und die Kündigungsbedingungen hatten. Das führt quasi zu einer doppelte "Überbelehrung". Erst auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen, dann im Widerspruch zum Art 247 § 9 EGBGB auch noch auf Infos verweisen, die zumindest bei grundpfandrechtlich besicherten Darlehen gerade keine Pflichtinfos waren. Irgendwo wird man auch bei einer "zulässigen" Überbelehrung den Cut machen müssen. Dass das ein DN aufgrund der damaligen Gesetzeslage hätte nachvollziehen können, bezeifel ich dann doch etwas.

  8. Avatar von Texis
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    18.12.2018 - XI ZB 16/18

    BGH hat sich scheinbar mal zu einer WRB der Deutschen Bank/Bauspar AG von vor Juni 2010 geäußert. Die WRB ist i.O. wenn der DN eine Vertragsurkunde oder Kopie erhalten hat.

  9. Avatar von ducnici
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Das dürfte aber nur im Fall eines Präsenzgeschäftes in Ordnung sein.

    Im streitgegenständlichen Fall war die Beklagte zu 1) von der Beklagten zu 2) wohl bevollmächtigt, für die Beklagte zu 2) auch den DV zu unterschreiben. siehe Rdnr. 1

    "Auf S. 3 des Vertrags befindet sich unter der Überschrift "Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge/Darlehensbedingungen/Schriftformerfordernis" unter anderem folgender Satz: "Die D. AG/D. P. AG kann diesen Darlehensvertrag im Namen und für Rechnung der D.
    B. AG unterzeichnen.""

    Bei einem Fernabsatzgeschäft wird man das schon genauer betrachten müssen. Liegt ein Angebots- oder Antragsverfahren vor?

    Meist ist bei den Darlehensnehmern ja nur der eigene Antrag verblieben (Antragsverfahren)

    Und auch bei einen Angebotsverfahren, also wenn der DN die Unterlagen schon unterzeichnet zugesandt bekommen hat, dürfte das nicht ausreichen.
    Denn das hat der BGH ja schon 2009 festgestellt, dass das Zusenden eines Angebotes seitens der Bank die Frist nicht auslösen kann.

    ;-)

  10. Avatar von Texis
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Das war ohnehin keine Fernabsatzbelehrung. Glaube im Fernabsatz gab/gibt es bei der DB auch nicht viele Fälle. Meistens sind die DN in die Filiale haben unterzeichnet und irgendwann haben Sie den Vertrag in Kopie zugeschickt bekommen oder halt auch nicht.

    Eine der Fragen in den Verfahren mit der DB war es u.a., ob die "Beschränkung" der WRB auf die Darlehensurkunde zulässig war. Insbesondere weil der DN in den Verträgen regelmäßig auf den Zugang der Annahmeerklärung der Bank verzichtet hat (damit wohl auch der Darlehensurkunde) und gleichzeitig aber quittieren musste, dass er einen Kopie seines Darlehensantrages aber erhalten hat, was ja nach dem Gesetzeswortlaut ausgereicht hätte, dass WRR in Gang zu setzen.

    Dem Gesetz nach begann das WR daher vorher und wurde durch die Formulierung der DB und Begrenzung auf die Urkunde nach hinten verlegt.

    Würde das Urteil nun so auslegen, dass die Fälle alle erledigt sind, wo der DN eine Kopie des Vertrages mit beiden Unterschriften hat. Wenn der BGH hier dann auch noch die Rechtsprechung überträgt, dass die Vertragsausfertigung ohne Unterschrift als Darlehensurkunde im Sinne dieser Belehrung ausreicht (was wohl konsequent wäre), sind wohl alle Verträge der DB und DB Bauspar AG ausreichend gewesen (Fernabsatz außen vor). Gerade bei der Formulierung der WRB finde ich es dann aber wieder fragwürdig, auf einen Vertrag abzustellen, der eben nicht von beiden Seiten unterschrieben ist als Ersatz für die Darlehensurkunde und dem DN zu unterstellen, dass hätte ihm bekannt sein müssen.

  11. Avatar von Advokat
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Betr.: § 355 Abs. 4 BGB a. F. – Erlöschen des Widerrufsrechtes nach 6 Monaten? - zu Texis Beitrag #21426


    Ich danke für die hilfreichen Ausführungen und fasse wie folgt zusammen: Es ist kein Erlöschen des Widerrufsrechtes nach 6 Monaten eingetreten, weil die Voraussetzung der Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation gem. § 355 Abs. 4 S. 3 BGB a. F. nicht vorliegt. Die Widerrufsinformation ist deshalb nicht ordnungsgemäß erteilt worden, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Pflichtinformationsmodell nach § 492 Abs. 2 BGB noch nicht gegolten hatte und deshalb die Anknüpfung des Fristenlaufes an die Erteilung der Pflichtangaben die Fehlerhaftigkeit der erteilten Widerrufsinformation begründet

    Könnte/sollte man diese Argumentation nicht wie folgt unter Berufung auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung zur Erteilung unechter Pflichtangaben wie folgt ergänzen: Die Anknüpfung des Fristbeginns an die Erteilung der unechten Pflichtangabe der zuständigen Aufsichtsbehörde begründet ein vertragliches Widerrufsrecht, das gar nicht unter die Erlöschensregelung des § 355 Abs. 4 S. 1 BGB fällt, weil diese Vorschrift lediglich für das gesetzliche Widerrufsrecht gilt.

    Zusatzinformation: Ich habe inzwischen in Erfahrung gebracht, dass gegen die erwähnte Entscheidung des LG Hamburg Berufung eingelegt wurde. Ich werde berichten, sobald hier das Berufungsurteil vorliegt.

  12. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von ducnici
    Das LG Saarbrücken möchte wohl die WRI mit Kaskadenverweisung dem EuGh vorlegen...



    Anhang 3509


    https://rae-schieder.de/kaskadenverw...age-beim-eugh/

    Beim Kollegen Gansel ist das LG Saarbrücken wohl schon weiter und hat schon den entsprechenden Beschluss zur Vorlage gefasst, auch wenn mir das schon mutig erscheint.

    Zudem hat ja auch das OLG Stuttgart im MFK vom Freitag mit der Kaskadenverweisung (in einem Nichtimmobiliendarlehen) wohl keine Probleme gehabt.

    https://www.gansel-rechtsanwaelte.de...en-entscheiden

  13. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Advokat
    Betr.: § 355 Abs. 4 BGB a. F. – Erlöschen des Widerrufsrechtes nach 6 Monaten? - zu Texis Beitrag #21426


    Ich danke für die hilfreichen Ausführungen und fasse wie folgt zusammen: Es ist kein Erlöschen des Widerrufsrechtes nach 6 Monaten eingetreten, weil die Voraussetzung der Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation gem. § 355 Abs. 4 S. 3 BGB a. F. nicht vorliegt. Die Widerrufsinformation ist deshalb nicht ordnungsgemäß erteilt worden, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Pflichtinformationsmodell nach § 492 Abs. 2 BGB noch nicht gegolten hatte und deshalb die Anknüpfung des Fristenlaufes an die Erteilung der Pflichtangaben die Fehlerhaftigkeit der erteilten Widerrufsinformation begründet

    Könnte/sollte man diese Argumentation nicht wie folgt unter Berufung auf die einschlägige BGH-Rechtsprechung zur Erteilung unechter Pflichtangaben wie folgt ergänzen: Die Anknüpfung des Fristbeginns an die Erteilung der unechten Pflichtangabe der zuständigen Aufsichtsbehörde begründet ein vertragliches Widerrufsrecht, das gar nicht unter die Erlöschensregelung des § 355 Abs. 4 S. 1 BGB fällt, weil diese Vorschrift lediglich für das gesetzliche Widerrufsrecht gilt.

    Zusatzinformation: Ich habe inzwischen in Erfahrung gebracht, dass gegen die erwähnte Entscheidung des LG Hamburg Berufung eingelegt wurde. Ich werde berichten, sobald hier das Berufungsurteil vorliegt.
    Die Diskussion ist etwas verkürzt. Denn auch nach der Fassung des 495 II Nr. 2 idF Fassung zwischen 11.06.2010 und 29.07.2010 waren die Pflichtangaben nach § 492 II BGB Voraussetzung für den Fristlauf. Das steht zwar nicht ausdrücklich in 495 II Nr. 2 der entsprechenden Fassung, war aber der Wille des Gesetzgebers, der einen (wirksamen) Vertragsschluss als Voraussetzung für den Fristlauf ansah und dieser erforderte auch die Aufnahme aller Pflichtangaben im Vertrag unter Wahrung der Schriftform. Ein ohne Angabe der Pflichtangaben geschlossener Vertrag war daher schon nach 494 I BGB nicht "wirksam", wobei das durch Auszahlung geheilt werden kann, dann aber ggfs 494 VII BGB.

    Der Gesetzgeber hatte damit allerdings die (nicht falsche) Vorstellung, dass auch unter der Regelung des 495 II BGB aF auch die Pflichtangaben zum Lauf der Frist erforderlich sind. Er hat dies (so die Gesetzesbegründung zum Gesetz für Einführung der Musterwiderrufsinformation ab 30.07.2010) dann durch 495 II Nr. 2 b nur klarstellen wollen.

    Daher dürfte die Aufnahme aller Pflichtangaben des 492 II BGB aF in der Widerrufsinformation keine zusätzliche Belehrung sein, sondern die Erforderliche.

  14. Avatar von Advokat
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Sebkoch hat recht. Die bisherige Diskussion beruht auf der unzutreffenden Annahme, dass im fraglichen Zeitraum vom 11.06 bis 29.07.2010 das Pflichtinformationsmodell des § 492 Abs. 2 BGB (noch) nicht maßgeblich gewesen sei. Der unter Buzer.de recherchierte Vergleich der alten und der neuen Fassung des § 495 BGB zeigt jedoch, dass auch die alte Fassung des § 492 BGB den Verweis auf Art. 247 Abs. 6 Abs. 2 EGBGB und damit auf das Pflichtinformationsmodell beinhaltet hatte:


    § 495 BGB a.F. (alte Fassung)
    in der vor dem 30.07.2010 geltenden Fassung
    § 495 BGB n.F. (neue Fassung)
    in der am 30.07.2010 geltenden Fassung
    durch Artikel 1 G. v. 24.07.2010 BGBl. I S. 977

    § 495 Widerrufsrecht
    (1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

    (2) Die §§ 355 bis 359a gelten mit der Maßgabe, dass

    (Text alte Fassung)

    1. an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangabe nach Artikel 247 § 6 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche tritt,

    2. die Widerrufsfrist auch nicht vor Vertragsschluss beginnt und

    3. der Darlehensnehmer abweichend von § 346 Abs. 1 dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen hat, die der Darlehensgeber an öffentliche Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann. § 346 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ist nur anzuwenden, wenn das Darlehen durch ein Grundpfandrecht gesichert ist.
    (Text neue Fassung)

    1. an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Artikel 247 § 6 Absatz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche treten,

    2. die Widerrufsfrist auch nicht beginnt

    a) vor Vertragsschluss und

    b) bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 erhält, und

    3. der Darlehensnehmer abweichend von § 346 Absatz 1 dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen hat, die der Darlehensgeber an öffentliche Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann; § 346 Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ist nur anzuwenden, wenn das Darlehen durch ein Grundpfandrecht gesichert ist.

    § 355 Absatz 2 Satz 3 und Absatz 4 ist nicht anzuwenden.

    Damit ist der Versuch, die Erlöschenregelung des § 355 Abs. 4 BGB a. F. unter Hinweis auf Belehrungsfehler auszuhebeln, hinfällig. Denn es liegt keine „Überbelehrung“ vor und die Verwendung von unechten Pflichtinformationen begründet laut BGH nicht die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation.

    Aber was ist von meiner Idee zu halten, das durch die Verwendung der unechten Pflichtinformation „unzuständige Aufsichtsbehörde“ laut BGH vereinbarte vertragliche Widerrufrecht dem Anwendungsbereich des § 355 Abs. 4 BGB a. F. mit der Begründung zu entziehen, dass diese Vorschrift nur für das gesetzliche Widerrufsrecht gelte?

  15. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    danke, aber der Grund liegt in 495 II Nr. 2 nicht Nr. 1, denn Art 247 § 6 Abs. 2 EGBGB sind ja nicht die Pflichtangaben nach 492 II BGB, sondern nur die Belehrung an sich. So sehe ich das jedenfalls.

  16. Avatar von Texis
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Über den Zeitraum vom 11.06.2016 bis 29.07.2016 ist vieles diskussionswürdig.

    Mit der Gesetzesbegegründung zu argumentieren halte ich an der Stelle für möglich, aber unzureichend.

    Wie Sebkoch schon schreibt, resultiert die Angabe der Pflichtinformationen als Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist aus der Regelung des § 495 Abs. 2 S. 1 Nr. 1. Der Abs. 1 Nr. 1 regelt nur die Widerrufsinformationen und dass diese anstelle der Widerrufsbelehrung treten. Die Widerrufsinformationen sind zwar selbst Teil der Pflichtinformationen aber definieren keine Pflichtinformationen, sondern ausschließlich die Wiedergabe des Art 247 § 6 Abs. 2 EGBGB.

    Der Gesetzgeber hat neben dem Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Pflichtinformationen) aber mit der neuerlichen Änderung zum 30.07.2016 u.a. auch den S. 2 eingefügt und damit die Anwendung des § 355 Abs. 2 S. 3 und Abs. 4 BGB ausgeschlossen. Das betrifft u.a. genau die Erlöschensregelung der 6 Monatsfrist. Wenn ich Sie nun richtig verstehe, sagen Sie im Gesetz stand es zwar nicht, aber aus der Begründung ergibt sich, dass die Pflichtinformationen auch vorher schon Voraussetzung für das Widerrufsrecht waren, die Erlöschungsregelung aber in dem Zeitraum hingegen gilt.

    Ich sage dazu, der Gesetzgeber wollte vielleicht die Pflichtinformationen zur Voraussetzung machen und die Erlöschungsregelungen des § 355 Abs. 4 BGB nicht gelten lassen, hat es aber für diesen Zeitraum klar anders geregelt. Daran muss sich sodann auch der Vertrag jeweils messen lassen.

    Dabei sollte man nicht ausser Acht lassen, dass auch der § 492 nicht unwesentlich durch den Abs. 6 sodann ergänzt wurde (und auch der Art 247 § 6 Abs. 2 EGBGB). Eine bloße Klarstellung sieht anders aus. Der Gesetzgeber hat eher erkannt, dass seine vorherige Regelung schlicht nicht gut gemacht war und hat es verbessert. Den Gesetzeswortlaut sodann aber völlig ausser Acht zu lassen und die Zeit zwischen 11.06.2016 und 29.07.2016 genauso wie die Zeit ab dem 30.07.2016 zu behandeln und nur zusätzlich noch die "negativen" Tatbestände aus der Zeit anzuwenden, halte ich für nicht sachgerecht und für eine Umgehung des Gestezes. Egal ob es Mist war in der Zeit oder nicht, es war geltendes Recht. Gegen den Wortlaut des Gesetzes zu argumentieren finde ich eher schwierig.

    Daher bleibe ich bei der Ansicht, dass in der Zeit die Pflichtinformationen keine gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn der Widerrufsfrist gewesen sind. Ein Mangel der Pflichtinformationen wäre weiterhin ein Fehler im Sinne des § 494 BGB gewesen, hätte aber für das Widerrufsrecht nach § 495 BGB keine Auswirkungen gehabt. Ebenfalls bleibe ich dabei, dass sich die Bank in der Zeit nicht auf den vermeintlich klaren Gesetzeswortlaut berufen konnte. Dies betrifft u.a. auch die Beschränkung der Pflichtinformationen nach § 9 des Art 247 EGBGB. Damals war keineswegs für den DN erkennbar, dass die Bank, wenn Sie in den Klammern u.a. auf die Aufsichtsbehörde verwies, dies nach Art 247 § 9 EGBGB keine Pflichtinformation für grundpfandrechtlich besicherter Darlehen gewesen ist und sodann nur eine weitere unbeachtliche Überbelehrung gewesen ist und die Bank nicht ungeachtet des Art 247 § 9 EGBGB alle Pflichtinformationen nach Art 247 zum Gegenstand der Voraussetzungen des Widerrufsrecht machen wollte.

    #Advokat
    Soweit Sie immer wieder auf ein vertragliches Widerrufsrecht Bezug nehmen wollen, kann man das sicherlich machen, aber der BGH und insbesondere der XI. Senat hat immer wieder ausgeführt, dass die Banken ein vertragliches Widerrufsrecht mit einer "ewigen" Dauer gerade nicht vertragliche zusichern wollten und vertragliche Widerrufsrechte daher nicht ewig geltend...die einzige Durchbrechung dieser Tatsach erfolgt dadurch, dass der BGH bei den Widerrufsinformationen diesen Duktus durchbricht und auf einmal nicht vom Gesetz vorgesehenen Pflichtinformationen, die nur vertragliche zugesichert werden, im Ergebnis die selbe Rechtsfolge einräumt. Das bedeutet aber nicht, dass die Bank dem DN damit auch ein ewiges Widerrufsrecht einräumen wollte. Die Bank hat dieses (bestehende) eben nur von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht.
    Sie wollen hingegen ein eigenes vertragliches "ewiges" Widerrufsrecht konzipieren und damit den § 355 Abs. 4 aushebeln. Dem tritt der BGH entgegen, weil er im Rahmen der üblichen Auslegung der Willenserklärung sagt, dass die Bank ein ewiges Widerrufsrecht vertragliche nicht einräumen wollte.

    Über die Auslegung der Willenseklärungen des BGHs kann man ebenfalls trefflich streiten, letztlich interessiert hier aber nur eine Meinung.

  17. Avatar von Texis
    Texis ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Wie der Buschfunk trommelt, soll der BGH zwischenzeitlich entschieden haben (Az. XI ZR 202/18), dass bei einer Prolongation weder ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB entsteht (okay war schon bekannt) aber auch im Falle des Fernabsatzes der Prolongation nach §§ 312 ff. BGB kein Widerrufsrecht für die Prolongation entsteht. Die Entscheidung müsste der BGH demnächst veröffentlichen.

    Der ein oder andere dürfte sich bestätigt fühlen, andere eher weniger.

  18. Avatar von RA-Franz
    RA-Franz ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Texis
    Wie der Buschfunk trommelt, soll der BGH zwischenzeitlich entschieden haben (Az. XI ZR 202/18), dass bei einer Prolongation weder ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB entsteht (okay war schon bekannt) aber auch im Falle des Fernabsatzes der Prolongation nach §§ 312 ff. BGB kein Widerrufsrecht für die Prolongation entsteht. Die Entscheidung müsste der BGH demnächst veröffentlichen.

    Der ein oder andere dürfte sich bestätigt fühlen, andere eher weniger.
    Das würde mutmaßlich bedeuten, dass der BGH in einer Prolongation keine Finanzdienstleistung nach § 312b BGB a.F. erblickt (was mit guter Begründung auch anders gesehen werden kann). Die Frage dürfte im Übrigen auch unter BGH - XI ZR 62/18 anhängig sein. Zudem wurde diese Frage auch dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt, EuGH - C-639/18:

    https://curia.europa.eu/juris/documen...c=first&part=1

  19. Avatar von Texis
    Texis ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hab eine anonymisierte Kopie erhalten BGH XI ZR 202/18

    https://workupload.com/file/nhDbGNd6

    Der BGH sieht überdies keinen Grund für eine Vorlage zum EuGH.

  20. Avatar von sebkoch
    sebkoch ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    hat jemand schon mal was zum Streitwert eines vor Auszahlung widerrufenen Forwarddarlehens gehört? Ich würde ja meinen, dass es um die Feststellung der Nichtschuld aller Zins- und Tilgunsleistungen geht, dass der Streitwert der nennbetrag zzgl planmäßiger Zinsen ist.

  21. Avatar von Advokat
    Advokat ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Ich hatte dieses Thema kürzlich in einem Beitrag vom 08.01.2018 angesprochen und die verschiedenen in Betracht kommenden Lösungsvairanten wie folgt aufgelistet:

    Streitwert bei Widerruf eines Forwarddarlehens vor Inanspruchnahme

    Beabsichtigter Klagantrag: Feststellung, dass Darlehensnehmer wegen wirksamen Darlehenswiderrufes keine Zins- und Tilgungsleistungen schuldet bzw. nicht zur Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung verpflichtet ist.

    Wie berechnet sich der Streitwert?

    a) Die ansonsten bei negativen Feststellungsraten übliche Berechnung nach Maßgabe der bis zum Widerruf erfolgten Leistungsraten des Darlehensnehmers kommt nicht in Betracht, da der Zeitpunkt der ersten Monatsrate nach dem Zeitpunkt des Widerrufs liegt.
    b) 3,5-facher Jahresbetrag der zukünftigen Monatsraten gem. § 9 ZPO
    c) Gesamtbetrag der zukünftigen Leistungsraten bis zum Ablauf der Sollzinsbindung
    d) gem. § 3 ZPO Bruchteil der während der Vertragslaufzeit zu entrichtenden Zinsen (LG München, Beschluss v. 20.03.2015 – 35 O 24484/13)
    e) Höhe der Nichtabnahmeentschädigung

    Am ehesten sachgerecht erscheinen mir die Varianten b) bzw. e).


    Was meinen die KollegInnen? Gibt es einschlägige Erfahrungen, insbesondere jüngere Gerichtsentscheidungen zum Thema?

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