Schwankend in den Börsenhimmel

Die nervenaufreibenden Kurskapriolen der vergangenen Wochen haben für Zertifikate-Käufer einen spannenden Nebeneffekt: Hohe Schwankungserwartungen sorgen vor allem bei Discountern für erstaunliche Gewinnchancen.

Angesichts der Kursstürze der vergangenen Wochen, der Finanzkrise und einer anstehenden Rezession sind die Befürchtungen der Marktteilnehmer in diesen Tagen verständlicherweise groß. Der Dax hat seit Jahresbeginn unter hohen Schwankungen fast die Hälfte an Wert verloren. Ausschläge zwischen fünf und zehn Prozent an einem Handelstag häuften sich mit den Horrornachrichten aus dem Bankensektor wie selten zuvor.

Discount-Zertifikate, mit denen Anleger "gepuffert" auf Indizes oder auch auf Einzelaktien setzen können, haben zur Zeit bemerkenswerte "Seitwärtsrenditen". Das heißt, dass ihre Kurse in den kommenden Monaten teils drastisch steigen werden, wenn der Basiswert, also der Dax oder eine Aktie wie die der Commerzbank sich lediglich auf ihrem derzeitigen Niveau halten können.

Der Grund für diesen Effekt ist im Aufbau des Discount-Zertifikates versteckt. Bei einem Discounter kauft der Emittent nicht nur den Basiswert, sondern er verkauft gleichzeitig auch eine "Call-Option" auf den selben Wert. Steigende Volatiltität erhöht nun die Verkaufspreise der Call-Option. Und damit kann der Emittent das Discount-Zertifikat "billiger" also mit größerem Puffer, anbieten.

Bei der derzeit extrem hohen Schwankungsfreudigkeit bedeutet dies also für Käufer von Discount-Zertifikaten: Die Produkte sind zurzeit "günstig" zu haben, weil sie durch die hohe Volatilität einen größeren Discount bieten. Sobald der Markt sich wieder stabilisiert und unter geringeren Schwankungen seitwärts oder aufwärts läuft, verliert der Faktor Volatilität für die Discounter an Bedeutung - und die Kurse der Zertifikate klettern im Vergleich zum Basiswert.

Dass selbst in einer Seitwärtsbewegung des Gesamtmarktes enorme Seitwärtsrenditen möglich sind, hat sich unter Zertifikate-Investoren bereits herumgesprochen; nach Angaben des Deutschen Derivate Verbandes sind die Handelsumsätze mit Zertifikaten bereits im Oktober um rund ein Drittel gestiegen. Viele Investoren machten sich dabei mit Zertifikaten auf Einzelaktien auch die gewaltigen Schwankungsbreiten von Banktiteln, besonders aber der VW-Aktie zunutze. Das Papier hatte Ende Oktober eine beispiellose Rally von 300 auf 1.000 Euro aufs Parkett gelegt. Derzeit notiert die Autoaktie mit 317 Euro wieder annähernd auf Ausgangsniveau.

Dax 2.000 oder zehn Prozent
Aber auch jetzt sind Seitwärtschancen mit Discount-Zertifikaten zu bekommen, die Seltenheitswert besitzen: Zweistellige Jahresrenditen verspricht etwa eine Wette auf den Dax, vorausgesetzt, er fällt in den kommenden zwölf Monaten nicht unter die Marke von 2.000 Punkten. Selbst für eingefleischte Pessimisten ist dies ein eher unwahrscheinliches Szenario. Allerdings: Ausgeschlossen ist es angesichts der bedrohlichen globalen Wirtschaftslage nicht

Ebenso wie die Pleite eines Emittenten, die den Zertifikate-Käufer kalt erwischen kann, wie der "Fall Lehman Brothers" zeigt. Als Schuldverschreibung sind die Produkte im Falle einer Emittentenpleite mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Schlag wertlos. Die Zertifikate-Industrie hat auf diesen größten GAU in ihrer kurzen Geschichte inzwischen reagiert. Etwa mit Emittentenratings, in denen die Bonität der Unternehmen berücksichtigt wird. Auch diese Ratings sind allerdings keine Vollkasko-Versicherung.


Dax konservativ...
Die hohe Volatilität an den Aktienmärkten können Anleger per Zertifikat in unterschiedlicher Weise ausnutzen. Ein Discount-Zertifikat auf den Dax mit einem Cap von 2.000 Punkten von Goldman Sachs (WKN: GS1ADY), das noch rund ein Jahr läuft, erzielt eine "Seitwärtsrendite" von derzeit 10,3 Prozent. Immer vorausgesetzt, der Dax fällt nicht unter diese Marke. Der Risikopuffer vom derzeitigen Level des deutschen Leitindex beträgt sage und schreibe 59 Prozent.


Europa im Discount-Format

Auch auf den europäischen Auswahlindex Euro Stoxx 50 kann man mit einem Discount-Zertifikat setzen. Die hohe Volatilität macht auch hier üppige Seitwärtsrenditen möglich. Ein Zertifikat aus dem Hause Dresdner Bank etwa (WKN: DR00RJ) liefert 9,9 Prozent auf Jahressicht. Und das auch dann noch wenn der Euro Stoxx 50 noch weitere 50 Prozent verliert.