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Die Oberlandesgerichte  vertreten zu den nicht verbundenen Verbraucherkreditverträgen derzeit  sehr unterschiedliche Ansätze hinsichtlich der Streitwertbemessung. So  entschied das 
OLG Hamburg am 17.7.2015 (
6 W 25/15), es sei grundsätzlich  auf den Nettodarlehensbetrag abzustellen, abzüglich eines Abschlags in  Höhe von 20%, da es sich im Wesen um eine positive Feststellungsklage  handele, die das Vertragsverhältnis als Ganzes betreffe. Deswegen sei es  unerheblich, dass über die Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers  letztlich kein Streit bestehe; weiter käme es auch nicht darauf an, in  welcher Höhe die Darlehensvaluta noch offen sei.
11 Dagegen stellte das 
OLG Frankfurt a.M. in  seinen Entscheidungen vom 1.10.2013 (
23 W 56/13) und vom 17.1.2014 (
9 W  2/14) auf die noch offene Darlehensvaluta ab, da es - vergleichbar den  Klagen auf Feststellung der Unwirksamkeit oder Nichtigkeit eines  geschlossenen Vertrags - entscheidend auf den Wert der Leistung ankäme,  von dem die klagende Partei freigestellt werden wolle. In seiner  Entscheidung vom 27.2.2015 (
19 W 60/14) setzte das 
OLG Frankfurt a.M.  dagegen 80% der Nettodarlehenssumme an und machte sich die Begründung  der unteren Instanz zu eigen. Diese hatte ausgeführt, der  Feststellungsantrag bei Widerruf erstrecke sich auf das gesamte  Vertragsverhältnis und mache dieses insgesamt zum Streitgegenstand.  Anders als bei der Kündigung eines Darlehensvertrags, bei der es nur  noch um die zukünftige Entwicklung gehe, gehe es hier um die Wirksamkeit  einer Erklärung, die dem gesamten Vertragsverhältnis seine Grundlage  entziehe. Soweit die Kläger der Sache nach begehrten festzustellen, dass  der Beklagten aus dem Darlehensverhältnis keine Ansprüche zustünden,  dürfte es sich sogar um eine negative Feststellungsklage handeln, bei  der keine Abschläge vorzunehmen seien (
LG Frankfurt a.M. vom 3.11.2014 - 
 2-25 O 127/14). In gleicher Weise entschied das 
OLG Frankfurt a.M. am  7.10.2015 (
19 W 58/15).
12 Das 
OLG Koblenz setzte in seiner  Entscheidung vom 28.5.2015 (
8 W 288/15) die offene Valuta mit einem  Abschlag von 20% an mit der Begründung, die begehrte Feststellung der  Umwandlung des Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis  beträfe das Vertragsverhältnis im Ganzen, dessen Wert entscheidend durch  die Höhe der noch offenen Darlehensvaluta bestimmt werde. In dieselbe  Richtung ging schon das 
OLG Köln (Beschluss vom 18.11.2014 - 
13 W  50/14).
13 Nach dem 
OLG Stuttgart (Beschluss vom  30.4.2015 - 
6 W 25/15) soll dagegen der Wert der bis zum Ende der  Zinsbindung ersparten Zinsen maßgeblich sein, maximal allerdings für 3 ½  Jahre in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO. Anders als bei der  schlichten Unwirksamkeit des Vertrags komme nämlich ein Wegfall der  Verpflichtung zur Rückzahlung hier nicht in Betracht und anders als im  Fall des verbundenen Geschäfts sei der Darlehensnehmer in jedem Fall zur  Rückzahlung der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten verpflichtet.  Das wirtschaftliche Interesse des widerrufenden Darlehensnehmers sei  vielmehr auf die ersparten Zinsen gerichtet. Ein nur möglicher - nicht  eingeklagter - Anspruch daneben gegen die Bank auf Nutzungsersatz erhöhe  den Streitwert nicht, da er im Rahmen der Feststellungsklage nicht  einmal angeprüft werde.
14 Dem Ansatz des OLG Stuttgart folgten z.  B. das 
OLG Celle (v. 22.7.2015 - 
3 W 48/15), das 
OLG Koblenz (v.  3.9.2015 - 
8 W 528/15) und das 
OLG Karlsruhe (v. 16.9.2015 - 
17 W  41/15), das allerdings eine Deckelung nach § 9 ZPO ablehnte, da es  jeweils völlig vom Zufall abhänge, ob der Kläger die vereinbarten Zinsen  ersparen oder die Vorfälligkeitsentschädigung der Bank abwenden wolle,  die aber in keinem Fall gedeckelt sei. Das OLG München folgte in seinen  Entscheidungen vom 11.11.2015 (5 W 1819/15: mit Deckelung gemäß § 9 ZPO)  und vom 12.1.2016 (19 W 40/16: ohne Deckelung) ebenfalls dem  grundsätzlichen Ansatz des OLG Stuttgart.
15 Das 
OLG Saarbrücken (Beschluss vom  22.10.2015 - 
4 W 10/15) will vorrangig auf eine konkrete  nachvollziehbare Berechnung des wirtschaftlichen Vorteils durch den  Kläger abstellen, ersatzweise möchte es pauschal 10% der  Nettodarlehenssumme ansetzen. Zur Begründung führte es aus, die  Rechtsprechung des BGH zum Widerruf bei verbundenen Geschäften sei nicht  anwendbar, da es vorliegend nicht um eine Gesamtrückabwicklung beider  Geschäfte gehe. Vielmehr müsse der Darlehensnehmer trotz Widerrufs das  Darlehen komplett zurückzahlen. Daher gehe es maßgeblich um den  wirtschaftlichen Vorteil, den der Kläger unter Abwägung der Vor- und  Nachteile bei Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Widerrufs habe.  Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Streitwertregelungen der ZPO  eine praktische und klare Wertermittlung ohne umständliche und  zeitraubende Untersuchungen ermöglichen wollten, so dass eine  praktikable Handhabung geboten sei. Könne der Darlehensnehmer im  Einzelfall die unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile nicht  nachvollziehbar darstellen, sei im Hinblick darauf, dass das  wirtschaftliche Interesse regelmäßig nur einen Bruchteil der  Darlehenssumme betrage, das durch § 3 ZPO eingeräumte Ermessen durch  Festsetzung von 10% der Nettodarlehenssumme auszuüben.