Die wachsende Macht aufstrebender Schwellenländer auf dem internationalen Markt kann nur noch schwer geleugnet werden. So betonte beispielsweise Jürg Zeltner Wealth Management UBS, er favorisiere Aktien der Länder Brasilien und Indien. Doch nicht nur auf dem internationalen Aktienmarkt gewinnen die Schwellenländer an Fahrt. Aufgrund eines aktuellen Themas sind nun Forderungen der aufstrebenden Staaten laut geworden, die es so noch nicht gegeben hat.
Nachdem IWF Chef Dominique Strauss-Kahn aufgrund des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung zurückgetreten ist, diskutiert die Finanzwelt nun über seinen möglichen Nachfolger. In der Vergangenheit war der Chefposten beim Internationalen Währungsfonds traditionell von einem Europäer besetzt worden. Jetzt werden allerdings Forderungen der Schwellenländer laut, diesen Posten mit einem nicht-europäischen Kandidaten von ihrer Seite besetzen zu lassen.
Im Gespräch sind an erster Stelle der Finanzminister von Singapur, Tharman Shanmugaratnam, der ehemalige indische Weltbank-Manager Montek Singh Ahluwalia und der mexikanische Zentralbankgouverneur Augustin Carstens. Desweiteren in Erwägung gezogen werden Trevor Manuel, der südafrikanische Finanzminister, und Kernal Dervis, ehemaliger türkischer Wirtschaftsminister.
Vertreter der aufstrebenden Schwellenländer wie Brasilien, Indien oder China sind nicht der Meinung, dass Strauss-Kahns Nachfolger zwingend ein Europäer sein müsse. Einige europäische Politiker sehen das anders. So sprach sich beispielsweise Kanzlerin Angela Merkel für einen europäischen Kandidaten aus, im Hinblick auf die anhaltenden Probleme in der Eurozone. Und auch Christine Lagarde, die selber als heiße Anwärterin auf den Posten gehandelt wird, ließ verlauten, sie wünsche sich, dass die Europäer sich geschlossen hinter einen gemeinsamen europäischen Kandidaten stellen.
Schwellenländer wie Brasilien kontern mit dem einleuchtenden Gegenargument, dass die Auswahl einer solchen Position nichts mit der Nationalität des Bewerbers, sondern mit dessen Können zu tun habe. Es sei nicht mehr zeitgemäß, einen Posten dieser Art „für einen Europäer zu reservieren“, so Guido Mantega, Brasiliens Finanzminister.
Der IWF verfügt über insgesamt 187 Mitgliedsländer. Das Stimmrecht eines jeweiligen Landes hängt mit dem Betrag zusammen, den es in den Fonds einzahlt. Seit jeher herrscht beim IWF eine sogenannte „Erbhof-Politik“, die besagt, der Posten des Geschäftsführenden Direktors müsse mit einem Europäer besetzt werden. Allerdings war den Schwellenländern schon nach der Wahl Strauss-Kahns zugesagt worden, man würde diese alte Politik so nicht mehr berücksichtigen. Es ist fraglich, ob man sich jetzt noch auf diese Zusage besinnen wird.