Und plötzlich war das Konto dicht
Ein Albtraum: Trotz Guthaben auf dem Konto funktionieren an der Kasse plötzlich weder Kredit- noch Debitkarte. Und nicht nur das: Auch Überweisungen, Daueraufträge, Ratenzahlungen – alles steht still. Denn: Die Bank hat das Konto ohne jede Ankündigung für sämtliche Transaktionen gesperrt.
„Schätzungsweise mehr als 150.000 Kontoinhaber – sowohl Unternehmer als auch Privatpersonen – haben dieses Szenario allein in 2021 erleben müssen“, so Dr. Thomas Meschede, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Kanzlei mzs Rechtsanwälte. Dem Jahresbericht 2021 der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit) lässt sich entnehmen, dass sich die Anzahl der Verdachtsmeldungen zu Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung in Deutschland im Zeitraum von 2011 bis einschließlich 2021 von 13.544 auf 298.507 erhöht hat. Allein von 2020 auf 2021 sind die Verdachtsmeldungen um mehr als 100 Prozent angestiegen.
Der häufigste Grund für die komplette Kontosperre:
Schon eine einzige Unregelmäßigkeit, die eine geldwäscherechtliche Verdachtsmeldung ausgelöst hat. „Das Fatale dabei: In der weit überwiegenden Zahl der Fälle bestätigt sich dieser Verdacht nicht. Es handelt sich also um unbescholtene Bürger und Unternehmer, denen der Zugang zu ihrem eigenen Konto verwehrt wird. Mit oftmals schlimmen Folgen“, berichtet der Rechtsanwalt.
Schnell entsteht eine geschäfts- und existenzbedrohende Lage, weil mit einem Mal weder Miete, Strom oder Wasser noch die Güter des täglichen Lebens bezahlt werden können. „Einer unserer Mandanten ist Online-Händler. Durch die Kontosperrung konnten Lieferanten, Dienstleister sowie Werbepartner nicht bezahlt werden und zu allem Überfluss konnte auch die Umsatzsteuer nicht ans Finanzamt überwiesen werden“, erinnert sich Dr. Meschede. Glücklicherweise konnte der Anwalt nach wenigen Tagen die Freigabe des Kontos erreichen.
Auslöser für die Kontosperre waren im Übrigen völlig legale Überweisungseingänge, deren Mittelherkunft die Bank nicht „plausibilisieren“ konnte und die aus ihrer Sicht „ungewöhnlich und zweifelhaft“ erschienen.
Kontosperre kann jeden treffen
Fatal sei, so der Anwalt, dass es wirklich jeden treffen könne und es keine wirksame Absicherung gäbe:
„Ich rate dazu, Transaktionen wie hohe Bargeldeinzahlungen oder ungewöhnliche Zahlungseingänge aus dem Ausland dem zuständigen Bankberater anzukündigen – aber selbst das schützt nicht immer vor der Kontosperre, wie wir in vielen Fällen sehen.“
Seit Monaten melden sich wöchentlich neue Betroffene in der Kanzlei, die unter Verdacht der Geldwäsche geraten sind.
Häufig ist dann die Beantragung einer einstweiligen Verfügung zur Kontofreigabe die einzige Lösung. Dr. Meschede: „Es trifft alle. Privatleute wie Unternehmen. Vor ein paar Wochen beispielsweise sperrte die Bank das Konto eines Paares, weil sie zwei Bareinzahlungen in Höhe von insgesamt € 15.000,00 ohne hinreichende Nachweise der Mittelherkunft getätigt hatten. Ärgerlich war hier, dass das Paar eine Immobilie gekauft hatte und den fälligen Kaufpreis dringend überweisen musste. Der Kauf wäre beinahe an der Kontosperre gescheitert.“