Widerrufsjoker - Erfahrungen

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  1. Avatar von enduristi
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    Standard Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.

    Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.

    Grüsse

    Endu

  2. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    Es gibt tatsächlich noch Gerichte, die Verwirkung annehmen: OLG Bremen, 26.02.2016 - 2 U 92/15
    Zitat Zitat von Gaertner
    Ich bitte um Eure Einschätzungen zum obigen Urteil des OLG Bremen. Das kann doch vor dem BGH keinen Bestand haben, oder wie seht Ihr das?
    Zitat Zitat von Recht_so
    Da nur um 13.078,90 € Vorfälligkeitsentschädigung gestritten wurde, wäre eine Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
    Zitat Zitat von reCthAbEr
    Dann ist eine Verfassungsbeschwerde nötig. Dafür ist es leider sehr schwierig, einen geeigneten Rechtsanwalt zu finden. Bankrecht Anwälte lehnen das meist ab, weil sie davon keine Ahnung haben & das Bundesverfassungsgericht oft recht harsdch reagiert, wenn sie Fehler machen...:-(
    Zitat Zitat von reCthAbEr
    test.de sagt: Die Verfassungsbeschwerde ist bereits eingereicht. --> Chronik unter Test.de/kreditwiderruf
    Test.de:
    08.04.2016 Kaum zu glauben, aber wahr: Obwohl eine ganze Reihe von Kreditwiderrufsfällen, bei denen es jeweils auch darum geht, ob das Widerrufsrecht verwirkt ist, beim Bundesgerichtshof liegen, weist das Oberlandesgericht Bremen eine Kreditwiderrufsklage wegen Verwirkung ab und lässt nicht einmal die Revision zu. Argument von Einzelrichter Dr. Albert Schnelle: Es handele sich um einen Einzelfall. Gut sechs Jahre nach Vertragsschluss und mehrere Monate nach Ablösung des Kredits sei das Widerrufsrecht verwirkt. In insoweit exakt gleich gelagerten anderen Einzelfällen haben diverse andere Oberlandesgerichte und sogar das als bankenfreundlich bekannte in Frankfurt exakt entgegengesetzt entschieden. test.de hält die Nichtzulassung der Revision für grob rechtswidrig. Rechtsanwalt Arne Schültge sieht das genau so. Er hat bereits Verfassungsbeschwerde eingereicht. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt Zivilgerichtsurteile ohne Zulassung von Rechtsmitteln als verfassungswidrig aufgehoben.

  3. Avatar von vissbuslabi
    vissbuslabi ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Frage wegen Rechtschutzversicherung


    Angenommen, man bekomment Deckungszusage 1.Instanz.
    Man verliert aber die 1. Instanz.

    Ist die Rechtschutzversicherung verpflichtet, auch bei 2. Instanz Deckung zu erteilen?
    Oder kann sie das irgendwie umgehen?

    Wenn es in der Zwischenzeit beispielsweise neue ARB gab (Ausschluss der Widerrufs), gelten noch die alten ARB zum Zeitpnukt der Entsstehung des Schadenfalls, oder? Die Versicherung kann also nicht die Deckung 2.Instanz mit Hinweise auf neue ARB verweigern, oder?

  4. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von IG Widerruf
    Ein Kooperationsanwalt der IG Widerruf meint dazu folgendes:
    Ist alles rechtlich umstritten. Man kann aber argumentieren, dass der DG nach Annahmeverzug keinen Anspruch auf Verzinsung auf seine Forderung auf Rückzahlung des Darlehensbetrags mehr zusteht ab rechtswidriger Verweigerung des Widerrufsrechts gemäß § 301 BGB (vgl. LG Potsdam, Urteil vom 17.06.2015, Az. 8 O 195/14), da sie sich seither in Annahmeverzug befindet (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.01.2013, Az. 13 U 69/12 und Az. 13 U 217/11 sowie Az. 13 U 218/11).
    Nochmals vielen Dank!

    Könnte bitte jemand den Volltext einstellen zum LG Potsdam, 17.06.2015 - 8 O 195/14 (dort leider nur kostenpflichtiger juris-Zugang). Danke!

  5. Avatar von dogfight76
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    Das hier ist auch mein RA
    "Rechtsanwalt Arne Schültge"



  6. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von dogfight76
    Das hier ist auch mein RA
    "Rechtsanwalt Arne Schültge"


    Dann richte ihm bitte gerne von uns allen hier beste Wünsche zum Erfolg aus - wir fiebern alle mit! Wie lange dauert denn so ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht?

  7. Avatar von illusive
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Die Erfolgsquote liegt bei unter 3% bei Verfassungsbeschwerden...

    Es wäre schon ein Riesenerfolg, wenn das BVerfG die Sache zur Entscheidung annimmt.

  8. Avatar von BlueSkyX
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von illusive
    Gern: bei dem Urteil sind zwei Belehrungen streitgegenständlich: eine vom KFW-Darlehen, diese hält das Gericht für fehlerhaft, und eine der DSL-Bank, Variante wie bei BlueSky (für Fernabsatzverträge); hierzu schreibt das Gericht:

    Anhang 2446
    So ähnlich hat unser Richter auch argumentiert.

    Unsere WRB vom KfW-Darlehen (1/3) sieht übrigens so aus:

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  9. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hat jemand noch ein paar Urteile parat, wo verneint wird, dass die Bank Nutzungen gezogen hat, welche sich ausschließlich aus der Bruttomarge und den Pfandbriefrenditen berechnen? Es geht darum, widerlegen zu können, die Bank habe sich bzgl. eines widerrufenen DV nur anhand der Ausgabe von Pfandbriefen laufzeitkongruent refinanzieren können. Danke!

  10. Avatar von BlueSkyX
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von vissbuslabi
    Frage wegen Rechtschutzversicherung


    Angenommen, man bekomment Deckungszusage 1.Instanz.
    Man verliert aber die 1. Instanz.

    Ist die Rechtschutzversicherung verpflichtet, auch bei 2. Instanz Deckung zu erteilen?
    Oder kann sie das irgendwie umgehen?

    Wenn es in der Zwischenzeit beispielsweise neue ARB gab (Ausschluss der Widerrufs), gelten noch die alten ARB zum Zeitpnukt der Entsstehung des Schadenfalls, oder? Die Versicherung kann also nicht die Deckung 2.Instanz mit Hinweise auf neue ARB verweigern, oder?
    Das Thema Berufung/2. Instanz ist ja bei uns sehr wahrscheinlich auch aktuell. Laut unserer Anwältin muss nach Vorliegen des Urteils eine erneute Deckungszusage für die 2. Instanz eingeholt werden. Demnach muss die RSV die Kosten für die zweite Instanz nicht zwingend übernehmen.

    Denek das hängt von der Urteilsbegründung der 1. Instanz ab. Ist diese recht deutlich und sind die Chancen auf eine Berufung sehr gering, kann ich mir eine Ablehnung der Deckungszusage durchaus vorstellen.

  11. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    Könnte bitte jemand den Volltext einstellen zum LG Potsdam, 17.06.2015 - 8 O 195/14 (dort leider nur kostenpflichtiger juris-Zugang). Danke!
    Zitat Zitat von eugh
    Hat jemand noch ein paar Urteile parat, wo verneint wird, dass die Bank Nutzungen gezogen hat, welche sich ausschließlich aus der Bruttomarge und den Pfandbriefrenditen berechnen? Es geht darum, widerlegen zu können, die Bank habe sich bzgl. eines widerrufenen DV nur anhand der Ausgabe von Pfandbriefen laufzeitkongruent refinanzieren können. Danke!
    Und hat jemand konkrete Kenntnis von einem Sachverständigengutachten und dessen Inhalt zu den von einer Bank gezogenen Nutzungen? Danke.

  12. Avatar von ducnici
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    Nochmals vielen Dank!

    Könnte bitte jemand den Volltext einstellen zum LG Potsdam, 17.06.2015 - 8 O 195/14 (dort leider nur kostenpflichtiger juris-Zugang). Danke!

    Findest Du hier

    https://www.finanztip.de/fileadmin/im...8_O_195-14.pdf

    https://www.finanztip.de/baufinanzier...rufsbelehrung/

  13. Avatar von eugh
    eugh ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Vielen Dank, ducnici!

    Folgendes Urteil wurde nun verfügbar: LG Hamburg, 31.12.2015 - 329 O 149/15:
    ...
    Im Falle des Widerrufs sind nach §§ 357 Abs. 1 S. 1 BGB, 346 BGB a.F. die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Entgegen der Auffassung der Kläger gehören zu den von der Beklagten an die Kläger herauszugebenden Nutzungen indes nicht Nutzungen bezogen auf die Tilgungsleistungen der Kläger. Bereits nach den Berechnungen der Kläger verbleibt damit ein offener Saldo zugunsten der Beklagten in Höhe von 30.193,21 €. Die Kläger berechnen die Wertersatzverpflichtung der Beklagten für den Fall, dass Nutzungen auf Zins- und Tilgungszahlungen zu erstatten sind, mit 45.371,20 € (Klageschrift, S. 19, Anlage K 11), wohingegen der Nutzungsersatz beschränkt auf die geleisteten Zinszahlungen mit 15.177,99 € (Schriftsatz vom 25.08.2015, S. 16, Bl. 116 d.A., Anlage K 15) berechnet wird.

    Nutzungen auf die Tilgungsleistungen sind von der Beklagten nicht zu erstatten, weil die Tilgungsleistungen keine „empfangenen Leistungen” i.S.v. § 346 BGB sind. Denn § 346 BGB erfasst die synallagmatischen Leistungspflichten der Vertragsparteien. Gegenstand eines Darlehensvertrages ist die Überlassung von Geld auf Zeit. Die spätere Rückzahlung eines gleichen Geldbetrags ist hingegen keine Gegenleistung für den Empfang der Darlehenssumme, sondern nur die notwendige Folge davon, dass dem Darlehensnehmer das Kapital von vorneherein nicht endgültig zufließen, sondern ihm nur vorübergehend verbleiben sollte (so bereits RGZ 161, 52, 56). Nur die Gebrauchsüberlassung steht im Synallagma mit der Zinszahlungspflicht des Darlehensnehmers, nicht die Darlehensauszahlung, diese dient lediglich der Abwicklung des Vertragsverhältnisses. Der Darlehensnehmer schuldet folglich nach Widerruf die Rückgewähr der Gebrauchsüberlas¬sung und nicht etwa die Rückzahlung des tatsächlich empfangenen Geldes (Feldhusen, BKR 2015, 441, 443). Der auf Rückzahlung der Valuta gerichtete Abwicklungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ist dem Widerrufsfolgenrecht entzogen, er wird mit dem wirksamen Widerruf nur vorzeitig fällig (Schnauder, NJW 2015, 2689, 2690, Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1095, Pieckenbrock/Rodi, WM 2015, 1085, 1087).

    Das Gericht verkennt nicht, dass der BGH in seinem Beschluss vom 22.09.2015 (Az. XI ZR 116/15) unter Bezugnahme auf seine frühere Entscheidung vom 10.03.2009 (Az. XI ZR 33/08) ausgeführt hat, dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der Nutzung der Zins- und der Tilgungsleistungen schulde. Hierbei ist indes zu be¬rücksichtigen, dass sich die Entscheidung vom 10.03.2009, ebenso wie die darin in Bezug genommene Entscheidung vom 24.04.2007 (Az. XI ZR 17/06) auf Darlehen bezog, die als verbun¬dene Geschäfte zur Finanzierung eines Anteilserwerbs dienten. Soweit der BGH dort entschieden hat, dass der Darlehensnehmer nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung vom Darlehens¬geber die „aus seinem eigenen Vermögen“ erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückfor¬dern könne (BGH, Urteil vom 24. April 2007 – XI ZR 17/06 -, BGHZ 172, 147-157, Rn. 22; BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 -, BGHZ 180, 123-134, Rn. 20), ist jedenfalls für den vorliegenden Fall eines unverbundenen Geschäfts festzuhalten, dass die Rückzahlung der Valuta nicht aus dem Vermögen des Darlehensnehmers erfolgt, sondern aus dem Kapital, dass dem Darlehensnehmer von vorneherein nicht endgültig zufließen, sondern ihm nur vorübergehend verbleiben sollte. Soweit der BGH im Beschluss vom 22.09.2015 weiter ausführt, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze von einzelnen Stimmen in der Literatur (Edelmann/Hölldampf, KSzW 2015, 148, 152 f.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1001 ff.; Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1095 f., 1098 f.; Piekenbrock/Rodi, WM 2015, 1085, 1086 f.; Schnauder, NJW 2015, 2689, 2691 f.) „mit nicht überzeugenden Argumenten“ in Frage gestellt würden, erfolgt eine Auseinandersetzung weder mit den Argumenten der genannten Literaturstimmen, noch mit der Instanz¬rechtsprechung (wie hier zuletzt: OLG Stuttgart, Urteil vom 24. November 2015 – 6 U 140/14 LG Bonn, Urteil vom 19. Mai 2015 -30 206/14; LG Stuttgart, Urteil vom 09. April 2015 -120 293/14 -, Rn. 91).

    Hinzu kommt, dass durch den Widerruf eines Darlehnsvertrages keine Besserstellung des Darle-hensnehmers erfolgen soll (Prütting/Wegen/Weinreich-Kessal-Wulf, BGB, 8. Aufl. § 495 Rn. 11). Die vertraglich vereinbarte Wertproportionalität von Leistung und Gegenleistung soll auch bei der Rückabwicklung dem Werte nach zum Ausdruck kommen (H. Schmidt, in: BeckOK-BGB, 37. Ed., § 346 Rn. 46). Eine Besserstellung würde aber stattfinden, wenn der Darlehensgeber Nutzungsersatz auf die Tilgungsleistungen leisten müsste. Denn nur im Falle des Widerrufs müsste der Darlehensgeber dann die von ihm selbst ausgereichte Darlehensvaluta, soweit sie durch die Tilgungsleistungen bereits vor dem Widerruf wieder an ihn zurückgeflossen ist, verzinsen; ohne einen Widerruf hingegen nicht.
    Was haltet Ihr davon?

  14. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    LG Potsdam, 13.05.2015 - 8 O 190/14:
    1.

    Nach § 357 Abs. 1 S. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. sind im Fall des Widerrufs die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Zu den Nut-zungen gehören nach § 100 BGB auch die Gebrauchsvorteile einer Sache. Für die Berechnung des Wertersatzes ist die vertraglich bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war (§ 346 Abs. 2 S. 2 a.F.). Deshalb kann der Darlehensnehmer nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung vom Darlehensgeber die aus seinem Vermögen erbrachten Zins-und Tilgungsleistungen zurückfordern sowie die Rückabtretung gewährter Sicherheiten verlangen (BGHZ 172, 147 RN 22; 180, 123 RN 20, 27, zitiert nach juris). Dabei besteht bei Zahlungen an eine Bank eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, den sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGHZ 172, 147 RN 35; 180 RN 29 zitiert nach juris).

    Entgegen der Auffassung der Beklagten ändert sich hieran auch dann nichts, wenn die beklagte Bank wegen Vorliegens eines Immobiliardarlehensvertrages selbst gemäß § 503 Abs. 2 BGB lediglich Verzugszinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erzielen kann. Denn nach Auffassung der Kammer ist es für die Gewinnerzielungsmöglichkeit der Bank unerheblich, aufgrund welchen Vertragstyps diese Zahlung der Kunden erfolgt, insbesondere steht nicht fest, dass entsprechende Zahlungen auch nur zur Ausreichung neuer Immobiliarkredite verwendet werden.

    Umgekehrt ist der Darlehensnehmer zur Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages und zu dessen marktüblicher Verzinsung verpflichtet (BGH WM 2008, 683 RN 14 zitiert nach juris).

    Unter Zugrundelegung vorstehender Ausführungen stellen sich die im Synallagma stehenden Ansprüche von Klägerpartei und Beklagter wie folgt dar:

    a. Ansprüche der Beklagten

    aa) 99.000,00 € valutierter Darlehensbetrag

    Die Beklagte hat einen Anspruch darauf, im Zuge der Rückabwicklung den ausbezahlten Darlehensbetrag zu verlangen. Soweit die Klägerpartei behauptet, es seien lediglich € 96.382,06 (€ 71.382,06 am 25.09.2008 und € 25.000,00 am 17.10.2008) an sie ausgezahlt worden, ist diese Behauptung zum Einen durch die beklagteseits vorgelegten entsprechenden Darlehenskontoauszüge (Anlage B12, Bl. 320 ff. d.A.) widerlegt, sie ergibt sich aber bereits auch aus dem klägerseits eingereichten Kontoauszug (Anlage K 7, Bl. 382 ff., d.A.).

    bb) € 32.838,23 Nutzungswertersatz

    Zugrunde zu legen ist hierbei der Vertragszins von 5,81 % p.a., welcher marktüblich war. Dieser ist vom 25.09.2008 bis zum 27.06.2014 (insgesamt 2067 Zinstage) auf € 71.382,06, vom 17.10.2008 bis zum 27.06.2014 (insgesamt 2045 Zinstage) auf € 25.000,00 und vom 27.07.2009 bis zum 27.06.2014 auf € 2.617,94 (insgesamt 1770 Zinstage) zu zahlen.

    Für den ersten Teil der ausgezahlten Darlehenssumme berechnen sich die Jahreszinsen wie folgt: 71.382,06 x 0.0581= € 4.147,29. Wenn man dies – wie es banküblich ist – durch 360 dividiert, errechnet sich ein Zinsbetrag von € 11,5027 pro Tag. Multipliziert mit 2.067 Zinstagen ergibt sich ein Nutzungswertersatz in Höhe von € 23.812,40. Für den zweiten Teil ergibt sich folgende Berechnung: 25.000,00 x 0,0581 = € 1.452,50, dividiert durch 360 ergibt sich ein Zinsbetrag von € 4,0347 x 2045 = € 8.251,00. Für den dritten Teil ergibt sich folgende Berechnung: 2.617,94 x 0,0581 = € 152,10 dividiert durch 360 ergibt sich ein Zinsbetrag von € 0,4225 pro Tag x 1770 Zinstage = € 774,83. Addiert errechnet sich die Summe von € 32.838,23.

    Der Beklagten steht somit im Rahmen der Rückabwicklung der Ansprüche aus dem wirksam widerrufenen Darlehensvertrag insgesamt € 131.838,23 zu (€ 99.000,00 € plus € 32.838,23).

    b. Ansprüche der Klägerpartei:

    aa) € 49.688,33 bis zum Widerruf gezahlte Raten

    Die Klägerpartei kann im Rahmen der Rückabwicklung die an die Beklagte gezahlten Raten zurückverlangen. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerpartei habe entgegen der klägerseits eingereichten Forderungskontos (Anlage K 10, Bl. 398 ff. d.A.) bis zum Widerruf lediglich insgesamt 35.735,87 an Zins und Tilgung an sie geleistet (vgl. Aufstellung Bl. 440, 441 d.A.), so hat sie diese Behauptung nicht durch Vorlage eines entsprechenden Kontoauszugs bewiesen. Folglich ist der Betrag von € 49.688,33 zu Grunde zu legen.

    bb) € 3.430,00 unstreitig gezahlte nach dem Widerruf gezahlte Raten

    cc) € 7.586,25 Nutzungswertersatz vom 01.06.2006 bis 27.06.2014

    Die Kläger haben Anspruch auf die Verzinsung der geleisteten Raten mit einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Dies ergibt bezogen auf das Darlehen über € 99.000,00 einen Anspruch in Höhe von € 7.586,25. Im Ergebnis kann die Klägerseite Gesamtansprüche in Höhe von € 60.704,58 geltend machen.

    Die jedenfalls aufgrund der klägerseits erklärten Aufrechnung vorzunehmende Saldierung der gegenseitigen Ansprüche ergibt somit einen Saldo zugunsten der Beklagten in Höhe von € 71.133,65.
    2. Zug-um-Zug-Verurteilung

    Die Klägerpartei hat die Zug-um-Zug-Einrede gegenüber der Hilfswiederklage der Beklagten erhoben.

    Die Beklagte hatte den ausgereichten Kredit durch die im Tenor zu 2. näher bezeichneten Sicherheiten besichert. Der Rückforderungsanspruch des Darlehensnehmers gegenüber dem Darlehensgeber erfasst nach Widerruf der Darlehensvertragserklärung auch die Rückabtretung gewährter Sicherheiten (BGHZ 172, 147 Rdn. 22 – zitiert nach juris). Dem steht nicht entgegen, dass der Rückgewähranspruch durch den Fortfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingt ist (vgl. nur BGH WM 2011, 2338 Rdn.12 – zitiert nach juris – und etwa Palandt-Bassenge, 72. Aufl. § 1191 BGB Rdn. 26) und dass bei einer weiten Sicherungszweckvereinbarung – wie vorliegend vereinbart – die bestellte Grundschuld auch die Rückabwicklungsansprüche des Darlehensgebers nach einem Widerruf sichert (vgl. BGH WM 2003, 2410 Ls. und Rdn. 19, 21, 22; BKR 2006, 452 Rdn. 19; BGHZ 168, 1 Rdn. 20 – jeweils zitiert nach juris). Denn aus den §§ 1144, 1192 Abs. 1 BGB folgt, dass der Eigentümer schon vor vollständiger Befriedigung des Gläubigers die Aushändigung der Urkunden verlangen kann, die zur Löschung der Grundschuld erforderlich sind. § 1144 BGB erweitert – insbesondere zum Schutz vor unberechtigten Verfügungen des Gläubigers in der Zeit zwischen Befriedigung und Urkundenaushändigung – die Rechte, die dem Eigentümer nach den allgemeinen Bestimmungen zustehen; die Befriedigung des Gläubigers ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für das Entstehen des Anspruchs, sondern begründet lediglich ein Zurückbehaltungsrecht, das gemäß § 274 BGB zur Zug-um-Zug-Verurteilung führt (vgl. nur OLG Rostock MDR 2010, 1283 Ls. und Rdn. 4-7 und 13; BGH WM 1994, 909 Rdn. 1 – jeweils zitiert nach juris; Palandt/Bassenge aaO. § 1144 BGB Rdn. 1, 2, 9; Staudinger/Wolfsteiner (Neubearbeitung Stand Juli 2014) § 1144 BGB Rdn. 2, 24, 25, 30). Darum kann im vorliegenden Fall auch die Klägerpartei als im Grundbuch eingetragene Eigentümerin von der Beklagten verlangen, Zug-um-Zug gegen Zahlung des oben näher bezeichneten Betrages die streitgegenständliche Buchgrundschuld sowie die Abtretungserklärung betreffend der Abtretung der Mietzinsforderungen an sie zurück zu übertragen.
    Meinungen hierzu?

  15. Avatar von RAM
    RAM ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Da kannten die Fischköpfe - logischerweise- das BGH-Urteil vom 12.1.2016 noch nicht - damit ist diese LG-Entscheidung nach meiner Auffassung Makulatur.

  16. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    LG Hamburg, 31.12.2015 - 329 O 149/15
    Zitat Zitat von RAM
    Da kannten die Fischköpfe - logischerweise- das BGH-Urteil vom 12.1.2016 noch nicht - damit ist diese LG-Entscheidung nach meiner Auffassung Makulatur.
    Du meinst, die "Kritik" am BGH ist völlig irrelevant?

  17. Avatar von RAM
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    Zitat aus dem Urteil:

    "Nutzungen auf die Tilgungsleistungen sind von der Beklagten nicht zu erstatten, weil die Tilgungsleistungen keine „empfangenen Leistungen” i.S.v. § 346 BGB sind".

    Was denn sonst als Makulatur?

  18. Avatar von RAM
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    Frag mal die Juristen hier - Kritik am BGH ist immer drei F : "Formlos, Fristlos, Fruchtlos."

  19. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von RAM
    Zitat aus dem Urteil:

    "Nutzungen auf die Tilgungsleistungen sind von der Beklagten nicht zu erstatten, weil die Tilgungsleistungen keine „empfangenen Leistungen” i.S.v. § 346 BGB sind".

    Was denn sonst als Makulatur?
    Ich meinte ja "völlig irrelevant". Dass die von Dir genannte Passage überholt ist, ist klar. Danke.
    Egal - soll ich dieses Urteil hier wieder entfernen, bevor unnötige Diskussionen beginnen? Entschuldigt bitte, dass ich das ggf. ins Rollen brachte.

  20. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Gibt es noch Meinungen zum LG Potsdam (Beitrag #12653)?


    Ein weiteres habe ich noch: OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 18.01.2016 - 3 U 148/15

    Kreissparkasse Verden, Kreditvertrag vom 26.05.2009
    Landgericht Verden, Urteil vom 24.07.2015
    Aktenzeichen: 4 O 363/14 (nicht rechtskräftig)
    Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 18.01.2016
    Aktenzeichen: 3 U 148/15
    Klägervertreter: Kanzlei Kaufmann, Achim
    Besonderheit: Das Oberlandesgericht Celle will die Berufung der Sparkasse gegen die Verurteilung des Landgerichts durch Beschluss zurückweisen. Es hält die bei vielen Sparkassen übliche Fußnoten-Belehrung für fehlerhaft, weil Verbraucher nicht sicher erkennen können, ob die Frist wirklich nur zwei Wochen kurz ist. Außerdem hatte die Sparkasse als Adresse für den Widerruf eine mit besonderer Großkunden-Postleitzahl angegeben.
    [neu 15.02.2016 Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts]

  21. Avatar von Gaertner
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von RAM
    Zitat aus dem Urteil:

    "Nutzungen auf die Tilgungsleistungen sind von der Beklagten nicht zu erstatten, weil die Tilgungsleistungen keine „empfangenen Leistungen” i.S.v. § 346 BGB sind".

    Was denn sonst als Makulatur?
    Beziehst Du Dich auf das Urteil aus Hamburg oder aus Potsdam?

    fragt grüßend Gaertner.

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