Widerrufsjoker - Erfahrungen

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  1. Avatar von enduristi
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    Standard Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.

    Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.

    Grüsse

    Endu

  2. Avatar von lelo44
    lelo44 ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh

    Der Widerrufsjoker – Eine zulässige Form der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung von Kreditinstituten?
    KSzW 2015, 148 (gemeinsam mit RA Dr. Hervé Edelmann)
    Die bringen ja teilweise echte Stilblüten an Aufsatzüberschriften zu Tage. Dass der BGH den "Tod des Festzinskredits" eingeläutet habe, haben sie damals zum Urteil bei bankseitiger Kündigung wegen Zahlungsverzugs des DN kommentiert...

  3. Avatar von Texis
    Texis ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    Sparda-Bank Nürnberg eG, Verträge vom 03.04.2003 und 18.11.2010 Landgericht Nürnberg, Urteil vom 04.08.2015 Aktenzeichen: 10 O 9199/14 Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 01.08.2016 Aktenzeichen: 14 U 1780/15 (nicht rechtskräftig, die Revision ist eingelegt) Klägervertreter: Rechtsanwalt Siegfried Reulein, Nürnberg Besonderheit: Das Landgericht hielt die Belehrungen der Sparda zu den beiden Verträgen zu falsch. Die erste Belehrung nannte eine zwei- und eine vier Wochen-Frist, je nachdem, wann Vertragsschluss und Belehrung erfolgt sind. Das weiche von der gesetzlichen Musterbelehrung ab und ermögliche es Verbrauchern nicht, die Frist eindeutig zu bestimmen, urteilte das Landgericht. Die zweite Belehrung war gemessen am gesetzlichen Muster optisch nicht deutlich genug hervorgehoben, fanden die Richter. Das Oberlandesgericht monierte auf die Berufung der Bank hin: „Die dem Verbraucher mitgeteilte Information, die Frist beginne nach Abschluss des Vertrags, aber erst nach Erhalt aller Pflichtangaben nach § 492 II BGB, ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn verlässlich und mit zumutbarem Zeitaufwand zu ermitteln. Denn ihm wird – von den beispielhaft genannten drei Pflichtangaben abgesehen – nicht aufgezeigt, wie viele und welche Pflichtangaben auf seinen konkreten Vertrag bezogen existieren und welche weiteren Pflichtangaben er ggf. noch erhalten muss. Damit ist nicht klar, wann die Frist zum Widerruf beginnt.“ Das Landgericht stellte fest, dass die Verträge durch den Widerruf gegenstandslos sind. Außerdem verurteilte es die Bank, den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, welche Nutzungen sie aus den von den Klägern erhaltenen Beträgen gezogen hat. Das Oberlandesgericht Nürnberg bestätigte die Verurteilung. Wegen drei weiterer Verträge vom 30.01.2007 und am 12.05.2008 hatte das Landgericht die Klage abgewiesen. Auch das bestätigte das Oberlandesgericht. Diese Belehrungen seien jedenfalls bei Vertragsschluss in einer Filiale korrekt, befanden die Richter in Nürnberg, obwohl viele andere Gerichte sie bereits beanstandet hatten. Bericht zum Verfahren auf der Homepage der Kanzlei. Mit dem Fall befasst sich jetzt noch der Bundesgerichtshof. Sowohl die Kläger als auch die Bank haben Revision eingelegt. Aktenzeichen beim BGH: XI ZR 446/16 [neu 13.10.2016 Revision eingelegt]
    Mal für die ganz Blöden, den Textbeitrag verstehe ich so, dass die WRB mit 2 Wochen (1 Monat) vom OLG Nürnberg als falsch angesehen wird, im Urteil wird dieser Passus aber doch als ausreichend angesehen, wenn es sich um ein Präsenzgeschäft handelt und die Klage insoweit abgewiesen oder habe ich jetzt einen Knick in der Optik?

  4. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    das OLG Nürnberg misst die Belehrung immer an der konkreten Abschlusssituation, was nach BGH XI ZR 564/15 falsch ist. Daher findet es diese Standardbelehrungen der Genobanken beim Präsenzgeschäft für ordnungsgemäß. Das dürfte schon deshalb falsch sein, weil allein die 2 Wochen / 1 Monats Sache per se falsch ist.

  5. Avatar von kreis96
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Da bis heute zu meinem Thread kein weiterer gekommen ist, nehme ich einmal an, dass die Forenteilnehmer, so wie ich auch, nach dem Widerruf weiter die Zinsen zahlen.
    Mein RA meint dazu, diese Frage tatsächlichnoch umstritten ist.
    Auf der einenSeite wird argumentiert, dass die Bank das Geld dem Darlehnsnehmer auch nachWiderruf zur Verfügung stellt und daher auch für diesen Zeitraum einen Anspruchauf Nutzungsentschädigung hat.

    Etwas anderes kann gelten, wenn der Kunde die Bank durch Zahlung der offenen Darlehnsvalutanach Widerruf in Verzug der Annahme des Geldes setzt.

    Meine Meinungsoll auch vertreten sein, dass eine Bank per se nach einem erklärten Widerrufund der Verweigerung der Anerkennung keinen Anspruch mehr auf Zinszahlungen hatund daher alle Raten die nach dem Widerruf erfolgen, als reine Tilgungsleistungen zu behandeln sind.



    Zitat Zitat von kreis96
    Wer von den Forenteilnehmern macht das eigentlich. Also ist hier jemand, der seit dem Widerruf die Zinsen einfach nicht mehr zahlt ?

  6. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Bzgl. der Frage, ob der Bank seit WR noch Zinsen zustehen oder nicht, würde ich folgende Überlegungen anstellen:

    1. Wenn der DN darlegen kann, dass er das nötige Geld zur Ablösung hat (Erbschaft, Erlös aus irgendwelchen Verkäufen etc.), gibt es in der Tat wenig Gründe, dass er dem DG weiterhin Zinsen zahlt, wenn er den DG wirksam in Annahmeverzug gebracht und der DG den WR abgelehnt hat. Denn hier will der DN nicht weiter an dem zeitweise vom DG überlassenen Kapital einen Gebrauchsvorteil ziehen, sondern will "sofort" ablösen.
    2. Wenn der DN darlegen kann, dass er das nötige Geld zur Ablösung nicht hat und daher auf eine Anschlussfinanzierung angewiesen ist, so sollte er dies als Argument dafür anführen, dass er dem noch aktuellen DG einen Zinssatz maximal in Höhe des Zinssatzes der Anschlussfinanzierung bei einem anderen DG schuldet, wobei hier ein unverbindliches Angebot des neuen DG ausreichen müsste. Denn ob der DN dem noch aktuellen DG oder dem neuen DG Zinsen zahlt, ist ja wohl egal (wenn die Konditionen vergleichbar sind, s.o.). Oder mache ich hier einen Denkfehler?
    3. Wenn der DN diesbzgl. gar nichts darlegen kann, so mag das Gericht dies als Grund annehmen, dass er dem noch aktuellen DG weiterhin Zinsen schuldet. Und wenn es für den DN ganz schlecht läuft, entscheidet das Gericht sogar so, dass er dem DG den vertraglich vereinbarten Zinssatz auch über den WR hinaus schuldet. Insbesondere letzteres wäre für mich unverständlich, aber ich bin mir recht sicher, dass es mindestens ein solches hässliches Urteil gab (OLG Brandenburg?). Ich denke, dass auch hier der DN dem noch aktuellen DG einen max. marktüblichen Zinssatz schuldet, aber er sollte wohl besser etwas dazu ausführen.

    Was meint Ihr dazu?


    Außerdem bitte ich Euch, noch einmal meinen Beitrag #16888 anzuschauen, insbesondere folgendes:
    Zitat Zitat von eugh
    ...
    Also:
    1. Monat: 100.000€ - 1000€ = 99.000€ => DN schuldet Wertersatz bzgl. 99.000€
    2. Monat: 99.000€ - 1000€ = 98.000€ => DN schuldet Wertersatz bzgl. 98.000€
    3. Monat: 98.000€ - 1000€ = 97.000€ => DN schuldet Wertersatz bzgl. 97.000€
    ...

    Sehe ich das so richtig, oder mache ich einen Denkfehler? Nochmals herzlichen Dank für Eure Geduld mit mir - ich bin bekanntermaßen nicht der schnelle Mathe-Checker.
    ...und mir bitte mitzuteilen, ob ich da falsch rechne bzw. etwas falsch verstehe aus der jüngsten Diskussion bzgl. des ex nunc RGSCHV. Herzlichen Dank!

  7. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    unter der Annahme, dass der BGH es so meint, wie vbk das sieht, ist das rechnerisch richtig.

  8. Avatar von Michi2020
    Michi2020 ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    ...wenn er den DG wirksam in Annahmeverzug gebracht und der DG den WR abgelehnt hat.
    Welche objektiven Kriterien müssen konkret erfüllt sein, dass der DN den DG wirksam in Annahmeverzug gebracht hat? In welchen Fällen haben Gerichte z. B. die Wirksamkeit des Annahmeverzugs abgelehnt?

  9. Avatar von lelo44
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von sebkoch
    das OLG Nürnberg misst die Belehrung immer an der konkreten Abschlusssituation, was nach BGH XI ZR 564/15 falsch ist. Daher findet es diese Standardbelehrungen der Genobanken beim Präsenzgeschäft für ordnungsgemäß. Das dürfte schon deshalb falsch sein, weil allein die 2 Wochen / 1 Monats Sache per se falsch ist.
    Der BGH schreibt ja: "Auf die Kausalität der unter b) aufgeführten Belehrungsfehler für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten..."
    Verstehe ich den Beitrag und die Passage des BGH richtig, dass der BGH also offenbar nur die Belehrung selbst beurteilt und alleine aufgrund der Möglichkeit, dass sie nur unter bestimmten Umständen (z.B. Präsenzgeschäft) unklar sein kann, unwirksam ist, obwohl der DN sie im konkreten Fall z.B. im Fernabsatz unterzeichnet hat?

  10. Avatar von Texis
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Halte ich eher für unwarscheinlich. Auch der BGH wird immer den konkreten Einzelfall beachten müssen. Sein Urteil vom 10.03.2009 unter Az. XI ZR 33/08 wird ja ebenfalls teilweise so ausgelegt, dass die Formulierung "der Darlehensvertrag" bzw. Antrag nur dann falsch ist, wenn dem Darlehensnehmer der Darlehensvertrag oder Antrag vor Vertragsschluss schon vorlag. Wäre es grundsätzlich immer falsch, hätte der BGH das damals vermutlich schon anders gefasst.

    Mich wundert es dass der BGH das Urteil vom OLG Hamburg aufgehoben und zurüclverwiesen hat ohne groß auf die Nachbelehrung einzugehen, beim Sparkassenurteil, dann aber den Eindruck erweckt und jetzt bei dem BW-Fall nochmehr, dass alles verwirkt sein könnte, wenn nach dem Ende des Vertrages widerrufen wird. Wenn der BGH Verwirkung annehmen wollte, wäre doch das Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15 die beste Gelegenheit dafür gewesen. Hier war der Vertrag doch schon 7 Jahre oderso beendet. Sachverhaltsaufklärung durch das Tatgericht hin oder her, was soll denn da groß passiert sein, was noch aufzuklären sei hinsichtlich der Verwirkung um hier etwas zu ändern.

  11. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    das sieht der BGH aber schon immer anders, BGH XI ZR 156/08:

    c) Anders als die Revision meint, kommt es für den Lauf der Widerrufsfrist auch nicht auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall an. Insbesondere ist es entgegen der Auffassung der Revision in Fällen, in denen das finanzierte Geschäft nicht widerrufbar ist, keineswegs unerheblich, wenn das Finanzierungsinstitut missverständlich über die Rechtsfolgen eines gegenüber dem Unternehmer im konkreten Fall nicht bestehenden Widerrufsrechts informiert hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung – wie hier – objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten. Nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB erlischt dieses Widerrufsrecht nur, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Belehrung übermittelt hat, die allen Anforderungen des Gesetzes entspricht (Palandt/Grüneberg, aaO, § 355 Rn. 12, 22). Nur dann wird der Verbraucher – dem Schutzzweck des Widerrufsrechts entsprechend (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m. w. N.) – in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob er sein Widerrufsrecht ausüben will. Eine Belehrung, die wie die von der Klägerin verwendete, diesen Anforderungen – gerade auch bezogen auf den Darlehensvertrag – objektiv nicht entspricht, ist daher nicht geeignet, zum Wegfall des diesbezüglichen Widerrufsrechts zu führen (§ 355 Abs. 2 Satz 1, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB).

  12. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Allerdings frage ich mich, weshalb es im Einzelfall darauf ankommt, ob es ein Präsenzgeschäft war oder nicht: Wenn der BGH meint, es komme alleine darauf an, ob der Verbraucher durch eine WRB/WRI bzgl. des Fristbeginns verwirrt oder bzgl. anderer Punkte falsch informiert sein könnte(!), dann ist es doch egal, ob er den Vertrag in den Geschäftsräumen des Kreditinstituts unterzeichnet hat oder nicht. Oder wenigstens müsste das Institut nachweisen können, dass es mündlich den DN über alle verwirrenden Punkte dann doch noch klärend informiert hat. Aber das ist doch nicht Sinn und Zweck einer WRB/WRI, dass bei einer Präsenzsituation fehlerhafte Angaben in den Unterlagen mündlich erörtert werden können. Oder etwa doch? Wenn nicht, dann verstehe ich gut, wenn der BGH sagt, dass es auf den Einzelfall weniger (oder gar nicht) ankomme, sondern alleine darauf, ob die WRB/WRI geeignet war, den DN von seinem Widerrufsrecht abzuhalten bzw. ihn dazu zu führen, zu spät zu widerrufen, nämlich wenn der Fristbeginn unklar war. Wie seht Ihr das?


    PS: sebkoch war schneller bzw. hat es mit seinem Beitrag ja schon erklärt. Nochmals danke.

  13. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Neues von heute bei test.de. Bemerkenswert ist der Vergleich, weil es hier Aufhebungsvereinbarungen gab. Warum aber ein Vergleich statt eines Urteils gegen das Kreditinstitut erfolgte, erschließt sich mir beim Lesen der u.g. Informationen nicht. Nach denen hätte es eigentlich ein verbraucherfreundliches Urteil geben müssen. Naja, das übliche Spielchen halt - "Ob das LG das dann auch so sieht?" etc.


    Raiffeisen-Volksbank Varel-Nordenham eG, Verträge vom 26.05.2010 und 26.11.2010
    Vergleich vor dem Amtsgericht Varel, Beschluss vom 26.07.2016
    Aktenzeichen: 5 C 374/15
    Klägervertreter: Rotter Rechtsanwälte, Bremen, München
    Besonderheit: Die Kläger forderten die im Zusammenhang mit der im Jahre 2014 erfolgten vorzeitigen Rückführung zweier Immobiliardarlehen gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen zurück. Den jeweiligen Vertragsbeendigungen lagen entsprechende Aufhebungsvereinbarungen zwischen den Klägern und der Beklagten zugrunde. Da das Gericht dazu tendierte, die Widerrufsbelehrung aus Mai 2010, unter anderem mit der bei den Genossenschaftsbanken typischen Fußnote 1 betreffend die Monatsfrist, und die Widerrufsinformation aus November 2010 mit der „für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde“ als vermeintliche Pflichtangabe als unwirksam anzusehen und dem von der Beklagten vorgetragenen Argument der Verwirkung des Widerrufsrechts und dessen rechtsmissbräuchlicher Ausübung nicht zu folgen, schlossen die Parteien einen Vergleich, welcher eine Zahlung der Bank in Höhe von 2/3 des geltend gemachten Betrags bei entsprechender Kostenquotelung vorsieht.
    [neu 14.10.2016]


    Westdeutsche ImmobilienBank AG, Vertrag aus Februar 2003
    Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 07.10.2016
    Aktenzeichen: 8 U 1325/15 (nicht rechtskräftig)
    Klägervertreter: Rotter Rechtsanwälte, Bremen, München
    Besonderheit: Das Gericht hob das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Mainz auf und verurteilte die Immobilienbank zur Rückzahlung einer vor Erklärung des Widerrufs gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 9 693,70 Euro zuzüglich Zinsen. Das Gericht beanstandete die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Angabe, wonach die Widerrufsfrist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ beginne, da diese Belehrung in Bezug auf die Information zur Fristberechnung irreführend sei. Die Beklagte könne sich aufgrund mehrerer Abweichungen zur Musterbelehrung auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Darüber hinaus sei das Widerrufsrecht nicht verwirkt. Jedenfalls fehle es hierzu am Umstandsmoment. Die Ausübung des Widerrufs verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Von der Beklagten behauptetet Refinanzierungskosten seien nicht in Abzug zu bringen. Der Anspruch sei zudem nicht verjährt. Von den den Klägern zusätzlich zugesprochenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nahm das Oberlandesgericht in der Höhe einen geringen Abzug vor. Nur hinsichtlich der Rechtsfragen, in welcher Höhe Ansprüche des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber aus dem kraft Gesetzes eintretenden Rückgewährschuldverhältnis zu verzinsen sind und ob § 218 BGB auf das dem Verbraucher bei einem Darlehensvertrag eingeräumte Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a .F. anwendbar ist, ließ das Gericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.
    [neu 14.10.2016]

  14. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    nach dem Urteil des BGH von vorgestern würde ich so einen Vergleich wie am AG Varel tendenziell auch lieber mitnehmen. Zudem kann es hier ja nur um die sprichwörtlichen "Peanuts" gegangen sein, wenn das am AG stattfand.

  15. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Das ist wohl war. Aber hoffen wir, dass beim OLG Stuttgart keine Überraschungen aufkommen...


    Mal etwas anderes: Kennt und versteht Ihr diese Entscheidung? OLG Nürnberg, 01.08.2016 - 14 U 1780/15:


    Titel: Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags

    Normenketten:
    BGB § 286 Abs. 3, § 355 Abs. 2, § 357 Abs. 1, § 492 Abs. 2, § 495 Abs. 2
    EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2
    ZPO § 256 Abs. 1
    Artikel 247 § 6 II 3 EGBGB
    § 256 I ZPO
    § 492 II BGB
    Art. 247 § 6 II EGBGB

    Leitsätze:
    Ist zu erwarten, dass die Bank im Falle des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags ihre die Ansprüche des Verbrauchers rechnerisch übersteigenden Ansprüche auf Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7) geltend machen wird, kann dem Verbraucher in der Regel nicht zugemutet werden, die Last der weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gänzlich unproblematischen Berechnung eigener Ansprüche zu übernehmen und im Wege der Zahlungsklage einen Rechtsstreit zu beginnen, an dessen Ende nicht die beantragte Verurteilung der Bank zu einer Leistung stehen wird. Die Möglichkeit der Leistungsklage beseitigt deshalb in solchen Fällen in der Regel nicht das Interesse des Verbrauchers an der gerichtlichen Feststellung (§ 256 I ZPO), dass der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden ist. (amtlicher Leitsatz)

    Das Deutlichkeitsgebot des § 355 II 1 BGB aF gebietet nicht, dass dem Verbraucher eine Belehrung über den Fristbeginn zuteilwird, die alle möglichen Varianten des Vertragsabschlusses gleichermaßen erfasst. (amtlicher Leitsatz)

    Allein auf die Erwägung, die erteilte Widerrufsbelehrung könnte im Falle ihrer Verwendung in einem anderen tatsächlichen Kontext Unklarheiten hinsichtlich des Fristbeginns hervorrufen, kann die Annahme, der Verbraucher sei auch in seiner hiervon abweichenden Situation über die Beginn der Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts unrichtig belehrt worden, nicht gestützt werden. (amtlicher Leitsatz)

    Die fehlende Klarstellung in einer Widerrufsbelehrung, dass es auf den Erhalt des schriftlichen Antrags des Verbrauchers ankommt und ein früherer Zugang des schriftlichen Antrags des Unternehmers nicht geeignet ist, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, juris Rn. 16), ist unschädlich, wenn im Falle eines sogenannten "Präsenzgeschäfts" sämtliche relevanten Umstände zeitlich zusammenfallen. (amtlicher Leitsatz)

    Belehrt der Unternehmer den Verbraucher über die im Falle des Widerrufs zum Nachteil des Verbrauchers eintretenden Folgen nach § 357 I 2, 3, § 286 III BGB aF, ohne zugleich anzugeben, dass der Unternehmer diesen Folgen ebenfalls ausgesetzt ist, stellt dies jedenfalls dann keine einseitige Belehrung dar, wenn der vertraglichen Vereinbarung entsprechend der Verbraucher innerhalb der Widerrufsfrist keine Leistung zu erbringen hat, mit deren Erstattung der Unternehmer 30 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung ohne Mahnung in Verzug geraten kann. (amtlicher Leitsatz)

    Übernimmt der Unternehmer das gesetzliche Muster nicht in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form, kommt ihm die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB aF nicht zugute. (amtlicher Leitsatz)

    Das mit Anlage 6 zu Art. 247 § 6 II EGBGB aF zur Verfügung gestellte Informationsmuster enthält keine ausreichenden Angaben zur Widerrufsfrist. Die Information, die Widerrufsfrist beginne nach Abschluss des Vertrags, aber erst nach Erhalt aller Pflichtangaben nach § 492 II BGB, ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn verlässlich und mit zumutbarem Zeitaufwand zu ermitteln. (amtlicher Leitsatz)

    Schlagworte:
    Verbraucherdarlehensvertrag, Widerrufsbelehrung, Widerrufsrecht, Fristbeginn, Vertragsurkunde, Präsenzgeschäft, Deutlichkeitsgebot, Gesetzlichkeitsfiktion

    Vorinstanz:
    LG Nürnberg-Fürth Endurteil vom 04.08.201510 O 9199/14

    Tenor:
    1. Die Berufungen der Parteien gegen das Teil-Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 04.08.2015 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in Ziffer IV der Entscheidungsformel dieses Urteils anstelle von 04773117642 heißen muss: 0473117642.

    2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger jeweils 3/8 und die Beklagte 1/4.

    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Teil-Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des von der anderen Partei aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

    4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

  16. Avatar von Recht_so
    Recht_so ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von sebkoch
    das OLG Nürnberg misst die Belehrung immer an der konkreten Abschlusssituation, was nach BGH XI ZR 564/15 falsch ist.
    Mit dieser apodiktischen Aussage wäre ich vorsichtig, denn sie überträgt die Aussagen in dem BGH-Urteil auf einen anders gelagerten Sachverhalt. Dass es auf die Abschlusssituation nicht ankommt, hat der BGH so jedenfalls noch nicht entschieden.

    Ich will hier jetzt nicht in eine Diskussion eintreten, wie richtigerweise zu entscheiden sein würde, sondern nur anmerken, dass es keineswegs ausgeschlossen erscheint, dass der rechtliche Ansatz des OLG Nürnberg (und anderer OLG) vom BGH gehalten werden könnte.

  17. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    Allerdings frage ich mich, weshalb es im Einzelfall darauf ankommt, ob es ein Präsenzgeschäft war oder nicht: Wenn der BGH meint, es komme alleine darauf an, ob der Verbraucher durch eine WRB/WRI bzgl. des Fristbeginns verwirrt oder bzgl. anderer Punkte falsch informiert sein könnte(!), dann ist es doch egal, ob er den Vertrag in den Geschäftsräumen des Kreditinstituts unterzeichnet hat oder nicht. Oder wenigstens müsste das Institut nachweisen können, dass es mündlich den DN über alle verwirrenden Punkte dann doch noch klärend informiert hat. Aber das ist doch nicht Sinn und Zweck einer WRB/WRI, dass bei einer Präsenzsituation fehlerhafte Angaben in den Unterlagen mündlich erörtert werden können. Oder etwa doch? Wenn nicht, dann verstehe ich gut, wenn der BGH sagt, dass es auf den Einzelfall weniger (oder gar nicht) ankomme, sondern alleine darauf, ob die WRB/WRI geeignet war, den DN von seinem Widerrufsrecht abzuhalten bzw. ihn dazu zu führen, zu spät zu widerrufen, nämlich wenn der Fristbeginn unklar war. Wie seht Ihr das?


    PS: sebkoch war schneller bzw. hat es mit seinem Beitrag ja schon erklärt. Nochmals danke.
    Aha, im eben von mir zitierten Urteil des OLG Nürnberg, 01.08.2016 - 14 U 1780/15 - steht etwas zum Präsenzgeschäft. Welche Umstände da zusammenfallen müssen, verstehe ich jedoch nicht. Aus dem Urteil:
    Die fehlende Klarstellung in einer Widerrufsbelehrung, dass es auf den Erhalt des schriftlichen Antrags des Verbrauchers ankommt und ein früherer Zugang des schriftlichen Antrags des Unternehmers nicht geeignet ist, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, juris Rn. 16), ist unschädlich, wenn im Falle eines sogenannten "Präsenzgeschäfts" sämtliche relevanten Umstände zeitlich zusammenfallen.

  18. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Und dann noch diese neuere Entscheidung des OLG Nürnberg - ganz ähnlich (auf den ersten Blick; ich habe das Urteil noch nicht gelesen) wie das zuvor genannte Urteil:

    OLG Nürnberg, 26.09.2016 - 14 U 969/15:
    Ist zu erwarten, dass die Bank im Falle des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags ihre die Ansprüche des Verbrauchers rechnerisch übersteigenden Ansprüche auf Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7) geltend machen wird, kann dem Verbraucher in der Regel nicht zugemutet werden, die Last der weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gänzlich unproblematischen Berechnung eigener Ansprüche zu übernehmen und im Wege der Zahlungsklage einen Rechtsstreit zu beginnen, an dessen Ende nicht die beantragte Verurteilung der Bank zu einer Leistung stehen wird.Denn selbst dann, wenn die Kläger ihren Anspruch gegen die Beklagte aus § 346 I BGB auf Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7 m. w. N.) mit verhältnismäßig geringfügigem Aufwand und ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen (vgl. zu diesem Aspekt BGH) ermitteln und beziffern könnten, dürfen die gegen sie gerichteten Ansprüche der Beklagten auf Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7 m. w. N.) nicht außer Acht gelassen werden.

    Titel: Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages - Form der Widerrufsinformation

    Normenketten:
    ZPO § 256 I
    EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2
    BGB § 355 Abs. 1, § 495 Abs. 1
    Artikel 247 § 6 II EGBGB
    Artikel 247 § 6 II 3 EGBGB
    § 256 I ZPO
    Art. 247 § 6 II EGBGB

    Leitsätze:
    Ist zu erwarten, dass die Bank im Falle des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags ihre die Ansprüche des Verbrauchers rechnerisch übersteigenden Ansprüche auf Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7) geltend machen wird, kann dem Verbraucher in der Regel nicht zugemutet werden, die Last der weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gänzlich unproblematischen Berechnung eigener Ansprüche zu übernehmen und im Wege der Zahlungsklage einen Rechtsstreit zu beginnen, an dessen Ende nicht die beantragte Verurteilung der Bank zu einer Leistung stehen wird. Die Möglichkeit der Leistungsklage beseitigt deshalb in solchen Fällen in der Regel nicht das Interesse des Verbrauchers an der gerichtlichen Feststellung (§ 256 I ZPO), dass der Darlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden ist. (amtlicher Leitsatz)

    Dem Eintritt der "Gesetzlichkeitsfiktion" des Art. 247 § 6 II 3 EGBGB steht nicht entgegen, dass eine Widerrufsinformation in einem Verbraucherdarlehensvertrag, die dem Formular-Nr. 192 643.000 (Fassung Nov. 2011) - 0570 222.11 (V3) des Deutschen Sparkassenverlags (vgl. BGH, Urteil vom 23.02.2016 - XI ZR 549/14, juris Rn. 1) entspricht, Ankreuzoptionen enthält. Die Gestaltung als "Baukastenformular" stellt keine inhaltliche Bearbeitung des gesetzlichen Musters dar. (amtlicher Leitsatz)
    Die Integration von Gestaltungshinweisen aus der Anlage 6 zu Artikel 247 § 6 II EGBGB in den Text der Widerrufsinformation stellt jedenfalls dann keine inhaltliche Bearbeitung des Musters dar, wenn für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher erkennbar ist, dass es sich bei den jeweiligen Textabschnitten um nicht für ihn, sondern für Mitarbeiter des Unternehmers bestimmte Handlungsanweisungen oder Informationen handelt. (amtlicher Leitsatz)

    Zum Erfordernis einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form im Sinne des Artikel 247 § 6 II 3 EGBGB. (amtlicher Leitsatz)

    Schlagworte:
    Verbraucherdarlehensvertrag, Widerruf, Anspruchsberechnung, Feststellungsklage, Verbraucher, Umwandlung in ein Rückabwicklungsverhältnis, Gesetzlichkeitsfiktion, Baukastenformular, Formular des Deutschen Sparkassenverlags

    Vorinstanz: LG Nürnberg-Fürth Endurteil vom 27.04.20156 O 6943/14

    Tenor:
    1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.04.2015 wird zurückgewiesen.
    2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
    Die Kläger können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Und hier noch ein Beschluss bzgl. des Streitwerts: OLG Köln, 20.04.2016 - 13 W 35/16:
    Vorinstanz: Landgericht Bonn, 17 O 207/15

    Tenor:
    Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts abgeändert. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und den Vergleich wird auf 91.620 € festgesetzt.
    Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe:
    Die Beschwerde ist gem. §§ 68 Abs. 1 S. 1, 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG zulässig und führt in der Sache zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Verfügung vom 21.3.2016 Bezug, aus der sich die für die Streitwertfestsetzung im vorliegenden Fall maßgeblichen Grundsätze ergeben. Der Kläger hat die Summe der bis zum Ende des Jahres 2014 erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen mit einem Betrag von 87.277,02 € angegeben. Hinzuzurechnen ist ein Betrag von 4.343 € für die weiteren Zins- und Tilgungsleistungen bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung. Neben diesem Wert hat die weiter beantragte Feststellung, dass der Kläger der Beklagten aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis nichts mehr schuldet, keinen eigenständigen, darüber hinausgehenden Wert (vgl. BGH, Beschluss vom 04. März 2016 – XI ZR 39/15 –, Rn. 3, juris).
    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 GKG.

  20. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Recht_so
    Mit dieser apodiktischen Aussage wäre ich vorsichtig, denn sie überträgt die Aussagen in dem BGH-Urteil auf einen anders gelagerten Sachverhalt. Dass es auf die Abschlusssituation nicht ankommt, hat der BGH so jedenfalls noch nicht entschieden.

    Ich will hier jetzt nicht in eine Diskussion eintreten, wie richtigerweise zu entscheiden sein würde, sondern nur anmerken, dass es keineswegs ausgeschlossen erscheint, dass der rechtliche Ansatz des OLG Nürnberg (und anderer OLG) vom BGH gehalten werden könnte.
    ich stimme dem zu, dass das von OLGs derzeit unterschiedlich interpretiert wird. Insoweit ist es hier im Raum Frankfurt allerdings einhellig so, dass die Belehrung per se nicht mißverständlich sein darf und so verstehe ich den BGH auch. Aber klar, man kann auch dies natürlich anders sehen. Bei den Genobanken denke ich allerdings, dass dies nur die Frage bei "der Vertragsantrag" betreffen kann. Nach dem Urteil des BGH würde ich allerdings die Fußnote mit den zwei Fristen schon als fehlerhaft sehen.

    Apodiktisch sollte es nicht sein, mir ist schon klar, dass man den BGH sicher auch auch anders verstehen kann. Ich würde das Urteil XI ZR 564/15 dort Rn. 27 allerdings so verstehen. Ist aber natürlich nur meine Meinung.

  21. Avatar von bolek75
    bolek75 ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Ich habe auch diese WRB mit 2 Wochen/1 Monat bei der Sparda Berlin. Mitte Mai WR eingelegt. Seitdem bislang erfolgloser Ping Pong Schriftverkehr zwischen Bank und RA. Sollte da nicht der RA langsam eine Klage einreichen?

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