Widerrufsjoker - Erfahrungen

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  1. Avatar von enduristi
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    Standard Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.

    Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.

    Grüsse

    Endu

  2. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    So, noch folgende Einträge von test.de (auch schon bekannt?) und das war's für heute von mir...


    DSL Bank, Geschäftsbereich der Deutsche Postbank AG, Vertrag vom 24.10.2005
    Landgericht Berlin, Urteil vom 14.11.2016
    Aktenzeichen: 331 O 302/16 (nicht rechtskräftig)
    Klägervertreter: Rechtsanwalt Maik Winneke, Pinneberg
    Besonderheit: Es handelte sich um einen Vertrag mit Belehrung mit dem „frühestens“-Passus zum Fristbeginn. Die Kläger widerriefen den Vertrag über 330 000 Euro kurz vor Ablauf der Zinsbindung. Das Landgericht Berlin verurteilte die Bank, den Klägern Nutzungen ihrer Zahlungen in Höhe von 2,5 Punkten über dem Basiszinssatz herauszugeben. Sie summieren sich auf genau 28 747,80 Euro. Außerdem muss die Bank den Klägern das Honorar für die außergerichtliche Tätigkeit ihres Rechtsanwalts ersetzen.
    [neu 02.12.2016]


    Sparkasse Mansfeld-Südharz, Verträge vom 10.11.2008
    Landgericht Halle, Urteil vom 21.11.2016
    Aktenzeichen: 4 O 261/16 (nicht rechtskräftig)
    Klägervertreter: Mathis Ruff Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin
    Besonderheit: Es handelte sich um einen Vertrag mit „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“-Fußnote in der Widerrufsbelehrung. Die Kreditnehmer hatten das Darlehen 2015 abgelöst und erklärten 2016 den Widerruf. Das Gericht verurteilte die Sparkasse, eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von gut 23 000 Euro zu erstatten sowie die Kreditnehmer von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von rund 1 500 Euro freizustellen. Die Ablösung des Kredits stelle keine selbstständige Vereinbarung dar, sondern modifiziere nur den ursprünglichen Kreditvertrag, argumentierte das Landgericht Halle. Sie stehe dem Widerruf deshalb nicht entgegen.
    [neu 02.12.2016]


    BHW Bausparkasse AG, Vertrag vom 27.06.2008
    Landgericht Hannover, Urteil vom 27.10.16 (nicht rechtskräftig)
    Aktenzeichen: 3 O 532/15
    Klägervertreter: Solmecke Rechtsanwälte, Sieburg/Bonn/Köln u. a.
    Besonderheit: Es ging um einen Vertrag mit folgender Formulierung in der Belehrung: „...Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag, nachdem der Darlehensnehmer ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrages ausgehändigt wurde...“. Das Gericht hält das unter Berufung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2009, Aktenzeichen: XI ZR 33/08 für nicht ausreichend.
    [neu 05.12.2016]


    Quelle Bauspar AG (heute: BSQ Bauspar AG), Vertrag vom 23.07.2007
    Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.11.2016
    Aktenzeichen: 6 O 2998/16 (nicht rechtskräftig)
    Klägervertreter: Solmecke Rechtsanwälte, Sieburg/Bonn/Köln u. a.
    Besonderheit: Es ging um einen Vertrag mit folgender Formulierung in der Belehrung: „Der Darlehensnehmer ist berechtigt, seine (...) Willenserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen, gerechnet ab Eingang der unterschriebenen Darlehensverträge bei der Quelle Bausparkasse, frühestens mit Aushändigung dieser Widerrufsbelehrung (...) zu widerrufen.“ Das Gericht stellte fest, dass sich der Vertrag durch den Widerruf des Klägers in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Gleich drei Fehler weise die Belehrung auf: Der Darlehensnehmer könne nicht wissen, wann die unterschriebenen Darlehensverträge bei der Bausparkasse eingehen. Es fehlt der Hinweis, dass die Frist nicht beginnt, bevor der Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, seinen schriftlicher Antrag oder eine Abschrift davon bekommt. Schließlich habe die Bausparkasse keine Adresse angegeben, an die der Widerruf zu richten ist.
    [neu 05.12.2016]


    Sparkasse Essen, Vertrag vom 29.06./03.07.2006
    Landgericht Essen, Urteil vom 28.07.2016
    Aktenzeichen: 6 O 170/16
    Klägervertreter: Rechtsanwalt Nils Finkeldei, Bottrop
    Besonderheit: Es ging um einen Vertrag mit „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“-Fußnote in der Widerrufsbelehrung. Das Gericht stellte fest, dass der Widerruf des Kreditnehmers den Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Weitere Einzelheiten zum Fall auf der Homepage des Rechtsanwalts. Das Urteil ist rechtskräftig.
    [neu 05.12.2016]

  3. Avatar von fighting lawyer
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    LG Hamburg, 30.10.2015 - 308 O 477/14:
    Die Klage wurde abgewiesen, aber das Verfahren ist wohl anhängig beim BGH: XI ZR 99/16
    Weiß jemand mehr hierzu?
    Laut juris wurde die NZB vom BGH wohl am 27.09.16 per Beschluss zurückgewiesen.

    Es handelte sich um eine WRB aus 06/2009 mit den Passagen "Nicht für Fernabsatzgeschäfte" und der Kumulierung bei "Finanzierte Geschäfte".

  4. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Ich find unter juris dazu nichts

  5. Avatar von fighting lawyer
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Die Entscheidung des Landgerichts suchen und dann von dort auf die OLG-Entscheidung. Dort ist dann auch der Vermerk.

  6. Avatar von Recht_so
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von eugh
    LG Hamburg, 30.10.2015 - 308 O 477/14:
    Die Klage wurde abgewiesen, aber das Verfahren ist wohl anhängig beim BGH: XI ZR 99/16
    Weiß jemand mehr hierzu?
    Versuche mal, Dich an Deine Forenaktivitäten am Spätnachmittag des 4. November zu erinnern ... oder schau einfach noch mal nach.

  7. Avatar von Desposito
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Muss das jetzt hier einfach mal so sagen - aber wenn man die letzten paar Dutzend Seiten liest, dann muss man eindeutig feststellen, dass sich der Wind gedreht hat. Die Lobbyarbeit war wohl erfolgreich. Vor einem halben Jahr hatten wir allgemein gesprochen eine gute Tendenz, auch nach dem einen oder anderen höchstrichterlichen Spruch, aber selbst diese Entscheidungen werden nun inzwischen verdreht (z.B. Verwirkung) und die Anzahl der Kopfschütteln veranlassenden Entscheidungen nimmt beständig zu.

  8. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Recht_so
    Versuche mal, Dich an Deine Forenaktivitäten am Spätnachmittag des 4. November zu erinnern ... oder schau einfach noch mal nach.
    sorry, da hab ich gepennt, den Beschluss des BGH habe ich ja sogar, ist nur keinerlei Begründung drin.

  9. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Er meinte wohl mich, aber ich kann mir wirklich nicht alles merken. Ansonsten scheinen meine letzten Beiträge von gestern auch wenig Neues zu sein, was daran liegen mag, das ich die letzten Tage nicht zum Lesen hier im Forum kam und so eventuell einiges übersehen habe.

  10. Avatar von RAM
    RAM ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Herr Gauck war bei den Bundesrichtern in Karlsruhe berichtet die BGH-Pressestelle. Und:

    Gegenstand der Fachgespräche war insbesondere die aktuelle Situation der Zivil- und Strafsenate beim Bundesgerichtshof. Dabei wurden unter anderem die seit 2012 eklatant gestiegene Zahl der Nichtzulassungsbeschwerden in Zivilverfahren und die erhebliche Zunahme der Belastung der Ermittlungsrichterinnen und Ermittlungsrichter sowie der Strafsenate des Bundesgerichtshofs durch Ermittlungs- und Strafverfahren im Zusammenhang mit dem islamistischen Terrorismus erörtert. Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Bettina Limperg betonte die Notwendigkeit, durch eine verstärkte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit die Arbeit des Bundesgerichtshofs und die Bedeutung der Rechtsprechung den Menschen näher zu bringen.


    Obs was bringt?

  11. Avatar von Texis
    Texis ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Bestimmt, dann wird die Wertgrenze für die NZB einfach angehoben oder von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht und schon ist die "Überarbeitung" des BGHs vom Tisch. Vielleicht sollten sie einfach mehr Senate bilden und die BGH-Anwälte abschaffen oder einfach Musterverfahren mit Rechtsbindungswirkung einführen, das wäre mal eine echte Hilfe. Es ist ein Witz, dass es für ein und die selbe WRB teilweise sicherlich hunderte Urteile und x verschiedene Ansichten für und gegen die DN gibt.

    Bezweifel aber das irgendwas passiert...ausser die Anpassung der Voraussetzungen zur NZB.

  12. Avatar von Arkturus
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    oder einfach Musterverfahren mit Rechtsbindungswirkung einführen, das wäre mal eine echte Hilfe. Es ist ein Witz, dass es für ein und die selbe WRB teilweise sicherlich hunderte Urteile und x verschiedene Ansichten für und gegen die DN gibt.
    Da muss man halt unterscheiden und genau sein. Höchstrichterliche Vorgaben werden selbstverständlich umgesetzt. Ich kenne zum Beispiel kein Urteil eines unteren Gerichts, welche die "frühestens" Belehrung nicht als fehlerhaft bezeichnet. Der BGH hat da gesprochen und die Gerichte folgen. Es heißt natürlich nicht, dass jede "frühestens" Belehrung zum erfolgreichen Widerruf führt. Das rührt aber daher, dass der BGH den Vertrauensschutz des Musters eingeführt hat. Auch insoweit folgen die Gerichte dem BGH. Der Grund warum es so viele unterschiedliche untergerichtliche Urteile wegen derselben Belehrung gibt, ist beispielsweise weil die unteren Gerichte die Reichweite des Eingriffs in die Musterwiderrufsbelehrung ganz unterschiedlich bewertet haben. Da ist aber weder dem BGH noch diesen Gerichten ein Vorwurf zu machen. Den der BGH kann nicht zu jeder verwendeten Belehrung Stellung nehmen wenn diese ihm nicht vorgelegt wird und die Untergerichte hatten wenige Vorgaben und fühlten sich insoweit frei. Der BGH hat erst am 12.07.2016 dazu Vorgaben machen können, er hat ja vorher faktisch keine Fälle bekommen über welche er entscheiden konnte.

  13. Avatar von Klinge
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Ich kenne ein Urteil

    LG Magdeburg - Urteil vom 17.11.2016 - Gegen dieses Urteil wird natürlich Berufung eingelegt.https://www.dropbox.com/s/mfds2lgoy0...BCfen.pdf?dl=0

  14. Avatar von Harley
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Klinge
    Ich kenne ein Urteil

    LG Magdeburg - Urteil vom 17.11.2016 - Gegen dieses Urteil wird natürlich Berufung eingelegt.https://www.dropbox.com/s/mfds2lgoy0...BCfen.pdf?dl=0
    Unglaublicher Ignorant, der Herr Landrichter. Einschlägiges BGH - Urteil vom 12.7.16 wird bezüglich der Fußnoten nicht zur Kenntnis genommen und auch hinsichtlich der Streitwertfestsetzung wird weiter auf die Restschuld abgestellt.

    Sieht so aus als hätte er sich seit 1 Jahr nicht mehr mit WR-Verfahren beschäftigt und aus dem Bauch heraus geurteilt.

  15. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Falls es interessiert: OLG Karlsruhe, 22.11.2016 - 17 U 176/15:
    Leitsätze
    1. Die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung ist - unabhängig von der Kausalität des Fehlers im Einzelfall - unzureichend, wenn ihr nicht deutlich zu entnehmen ist, dass die Frist nicht beginnt, bevor der Verbraucher im Besitz seiner eigenen Vertragserklärung in Schriftform ist.
    2. Der Abschluss einer "Aufhebungsvereinbarung" zur Ablösung des Darlehens lässt weder den Widerruf der Vertragserklärung durch den Verbraucher ins Leere gehen noch führt er allein zur Verwirkung des Widerrufsrechts.
    3. Der Anspruch auf Rückzahlung des Aufhebungsentgelts folgt nicht unmittelbar aus §§ 346 Abs. 1, 357 Abs. 1 BGB oder § 812 Abs. 1 BGB, sondern aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht nach Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 346 BGB.

    Tenor

    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 9. Oktober 2015 – 6 O 149/15 - wird zurückgewiesen.
    2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Beklagten zur Last.
    3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
    4. Die Revision wird nicht zugelassen.
    5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.727,61 EUR festgesetzt.

  16. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    OLG Karlsruhe, 08.11.2016 - 17 U 187/15: Widerrufsbelehrung im Verbraucherdarlehensvertrag "2 Wochen (1 Monat)1" ist unklar.
    Leitsätze

    1. Die Angabe zweier Fristen "2 Wochen (1 Monat)" mit Erläuterung in einer Fußnote in der Widerrufsbelehrung des Verbraucherdarlehensvertrags genügt nicht dem Erfordernis eindeutiger Belehrung, wenn nicht unmissverständlich ist, wann welche Frist gilt.
    2. Die Klage auf Feststellung, dass sich der Verbraucherdarlehensvertrag durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, ist zulässig. Einzelne Berechnungsparameter zur Ermittlung eines Saldos für die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages können dagegen nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein.

    Tenor

    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2015 - 10 O 222/15 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsausspruch wie folgt lautet:
      Es wird festgestellt, dass sich der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag mit der Nr. ... durch den Widerruf der Kläger vom 18.03.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.
    2. Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.
    3. Der Beklagten fallen die Kosten des Berufungsrechtszuges zur Last.
    4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
      Die Zwangsvollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung der Gläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.
    5. Die Revision wird nicht zugelassen.
    6. Der Streitwert für die Berufungsinstanz und - in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 11.10.2015 - auch für den ersten Rechtszug wird auf 45.092,99 EUR festgesetzt.

  17. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Und nun Rechtsmissbrauch vom OLG Stuttgart: OLG Stuttgart, 06.12.2016 - 6 U 95/16:
    20
    Abweichend von der landgerichtlichen Entscheidung ist die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger jedoch nach den Umständen des Falles rechtsmissbräuchlich.
    a)
    21
    Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15 –, Rn. 43, juris, m. w. N.). Eine Rechtsausübung kann insbesondere unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 40 v. 15. November 2012 - IX ZR 103/11, Rn. 12, juris; v. 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15 –, Rn. 20, juris). Das kann bei Vorliegen entsprechender - besonderer - Umstände auch dann der Fall sein, wenn ein besonderer Vertrauenstatbestand nicht begründet worden ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 49; BGH, Urteil vom 20. März 1986 – III ZR 236/84 –, Rn. 47, juris).
    b)
    22
    Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger als rechtsmissbräuchlich.
    aa)
    23
    Die Kläger gingen spätestens seit Oktober 2014 davon aus, dass sie die beiden streitgegenständlichen Darlehensverträge widerrufen könnten und spätestens infolge des klägerischen Schreibens vom 21.10.2014 hatte auch die Beklagte hiervon Kenntnis. Gleichwohl bedienten die Kläger das streitgegenständliche Darlehen nach diesem Zeitpunkt und nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 31.10.2014 erklärt hatte, ein Widerrufsrecht bestehe ihrer Auffassung nach nicht, weiter. Irgendeinen Vorbehalt bezüglich der weiteren Zahlungen erklärten sie weder mit Schreiben vom 21.10.2014 noch bei den einzelnen Zahlungen, auch dass es mündliche Kontakte gegeben hätte, kann nicht zugrunde gelegt werden.
    bb)
    24
    Damit veränderte sich die Sachlage mit Blick auf das nach Treu und Glauben zulässige Verhalten ab diesem Zeitpunkt maßgeblich:
    25
    Denn während die vertragstreue Bedienung der Darlehen vor diesem Zeitpunkt unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben als neutral erscheint, stellt es sich als widersprüchliches Verhalten dar, wenn die Kläger trotz der nach ihrer eigenen Mitteilung bestehenden Annahme, sie könnten ihre auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen widerrufen und sich so von den Verträgen ohne Nachteile lösen, zunächst weiter leisteten, um dann doch den Widerruf zu erklären und die Rückabwicklung der Verträge zu verlangen.
    26
    Entgegen der Auffassung der Kläger kommt es dabei nicht maßgeblich darauf an, ob die Beklagte das klägerische Schreiben vom 21.10.2014 dahin verstanden hatte, dass die Kläger den Widerruf bereits erklärt hätten: Denn die Widersprüchlichkeit des klägerischen Verhaltens liegt darin, dass sie trotz der ihrer eigenen Auffassung nach bestehenden Lösungsmöglichkeit vom Vertrag diesen zunächst vorbehaltlos weiter bedient haben, um dann im Widerspruch hierzu aus der Widerruflichkeit des Vertrages – sei sie bereits ausgenutzt gewesen, sei sie nur bekannt gewesen – doch noch Rechtsfolgen abzuleiten. Aus dem gleichen Grund bleibt es auch ohne Relevanz, dass die Kläger vor Erklärung ihres Widerrufs zur Zahlung der Raten rechtlich verpflichtet waren; infolge der ihrer eigenen Einschätzung nach bestehenden Lösungsmöglichkeit vom Vertrag ändert auch das nichts daran, dass ihr Verhalten als widersprüchlich erscheint.
    27
    Für die Richtigkeit dieser Beurteilung spricht im Übrigen die in § 814 Alt. 1 BGB getroffene gesetzgeberische Entscheidung. Denn auch wenn diese Vorschrift keine unmittelbare Anwendung findet, ist doch der dieser Norm zugrunde liegende Gedanke einschlägig: Wer in Kenntnis der Möglichkeit, nicht zu leisten, gleichwohl leistet, verhält sich widersprüchlich, wenn er sich später doch darauf beruft, zur Leistung nicht verpflichtet gewesen zu sein. Das gilt vorliegend nicht nur bezüglich der einzelnen Raten, sondern bezüglich der Geltendmachung von Rechtsfolgen der Widerruflichkeit im Ganzen.
    28
    Und erst recht zutreffend erscheint dieses Ergebnis, wenn man zuletzt hinzunimmt, dass zwar für Gestaltungsrechte kein allgemeiner Grundsatz gilt, wonach Verwirkung bereits nach einem kurzen Zeitablauf eintritt, dass es jedoch Treu und Glauben bei Gestaltungsrechten verlangen können, dass der Berechtigte im Interesse der anderen Vertragspartei alsbald Klarheit darüber schafft, ob er beabsichtigt, seine Rechte auszuüben, und damit nicht länger zögert als notwendig (vgl. BGH, Urt. v. 11.3.1969 - III ZR 198/65, WM 1969, 721, 723 v. 18. Oktober 2001 – I ZR 91/99 –, Rn. 21, juris). Dieser – wiederum in § 314 Abs. 3 BGB gesetzgeberisch anerkannte – Gesichtspunkt wird auch nicht dadurch entkräftet, dass die Kläger u. U. zunächst eine Anschlussfinanzierung finden oder das Prozessrisiko abwägen mussten, wie sie vortragen. Denn beides hätte sie nicht daran gehindert, der Beklagten durch Erklärung eines Vorbehalts deutlich zu machen, dass sie trotz ihres scheinbaren Festhaltens an den Verträgen nach wie vor in Erwägung zogen, aus deren Widerruflichkeit Rechtsfolgen für sich herzuleiten.
    cc)

  18. Avatar von eugh
    eugh ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Dafür ist dies hier wiederum etwas Positives: OLG Frankfurt, 09.08.2016 - 23 U 46/16:
    Tenor:
    Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 16. Februar 2016 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
    Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13. September 2016.

    Anmerkung: Auf den Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.
    Sorry, falls ich das hier schon einmal schrieb.
    Übrigens hat auch IG Widerruf auf diesen Beschluss hingewiesen: klick

  19. Avatar von dogfight76
    dogfight76 ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    https://www.finanz-forum.de/threads/1...l=1#post138979

    Rechtsmissbrauch weil nach Ablehnung des Widerrufs durch die Bank die Raten weiter bezahlt wurden ?? Verstehe ich das richtig??

    Hätte der DN nicht weiter gezahlt hätte die Bank doch irgendwann Zwangsversteigert, oder ??

  20. Avatar von eugh
    eugh ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    So sieht es aus:
    Die Kläger gingen spätestens seit Oktober 2014 davon aus, dass sie die beiden streitgegenständlichen Darlehensverträge widerrufen könnten und spätestens infolge des klägerischen Schreibens vom 21.10.2014 hatte auch die Beklagte hiervon Kenntnis. Gleichwohl bedienten die Kläger das streitgegenständliche Darlehen nach diesem Zeitpunkt und nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 31.10.2014 erklärt hatte, ein Widerrufsrecht bestehe ihrer Auffassung nach nicht, weiter. Irgendeinen Vorbehalt bezüglich der weiteren Zahlungen erklärten sie weder mit Schreiben vom 21.10.2014 noch bei den einzelnen Zahlungen, auch dass es mündliche Kontakte gegeben hätte, kann nicht zugrunde gelegt werden.
    Es wäre wohl dem Gericht zufolge nötig gewesen, wenn die Kläger die Zahlungen nur unter Vorbehalt der teilweisen Zurückforderung (oder wie auch immer man es juristisch korrekt formuliert) gezahlt hätten. Ich stimme zu, wenn sie die Zahlungen einfach eingestellt hätten, hätte die Bank 100%ig zwangsvollstreckt; und die Begründung hat sie ja bereits geliefert: nämlich, dass nach ihrer Auffassung der Widerruf unwirksam war. Ich hoffe für die Kläger, dass hier noch ein Gang zum BGH offen ist.

  21. Avatar von eugh
    eugh ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    OLG Stuttgart, 11.10.2016 - 6 U 48/16:
    Leitsätze

    Zu der Frage, was der Verbraucher beim Fristanlauf unter "Vertragsurkunde" in der Widerrufsbelehrung versteht, wenn die Bank ihm ein unterschriebenes Angebot mit der Überschrift "Darlehensvertrag" zusendet.

    Tenor

    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.02.2016, Az. 12 O 84/15, insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als die Beklagte in Ziff. 2 des Urteils zur Zahlung von 737,30 EUR an die Kläger verurteilt worden ist.
    2. Ziff. 1 des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 19.02.2016, Az. 12 O 84/15, wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
      Es wird festgestellt, dass sich der durch die Kläger am 27.05.2009/01.06.2009 mit der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag Nr. ... über einen Nettodarlehensbetrag von EUR 263.000,00 durch den klägerischen Widerruf am 08.09.2014 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt hat.
    3. Im Übrigen werden die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.02.2016, Az. 12 O 84/15, zurückgewiesen.
    4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 75% und die Beklagte 25%. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 19.02.2016, Az. 12 O 84/15, im Kostenpunkt haben die Kläger von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz 78% und die Beklagte 22% zu tragen.
    5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
    6. Die Revision wird zugelassen.

    _____________________________

    Streitwert des Berufungsverfahrens:

    bis zur teilweisen Berufungsrücknahme
    350.913,32 EUR,
    nach der teilweisen Berufungsrücknahme
    87.913,32 EUR.
    Streitwert in erster Instanz:
    337.789,64 EUR,
    Das wird aber ganz schön teuer...

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