Widerrufsjoker - Erfahrungen

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  1. Avatar von enduristi
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    Standard Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.

    Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.

    Grüsse

    Endu

  2. Avatar von LGSaar
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Der Hinweisbeschluss ist da. Es steht nichts großartiges und gutes drin.
    Es geht um Nutzungsersatz für die kfw-Kredite. Die Bank hat die entsprechenden Refinazierungszusagen von der SIKB vorgelegt, aber die scheinen nicht zu reichen um zu belegen, dass ihr die Rate nicht zur Nutzung zur Verfügung gestanden hat. Sollte Sie allerdings diese belegen können, dann soll sie nur noch NWE für die Gewinnmarge herausgeben und zwar nur 2,5% über Basiszinssatz. Das lässt erkennen, dass das LG Saarbrücken meinen Vortrag wahrscheinlich ignorieren wird.

    Das würde bedeuten, dass mein Vortrag mit dem Institutsspezifischen Zinssatz doch dem OLG Saarbrücken in der Berufung vorgelegt werden muss.

    Hier der Text:

    Das Gericht weist hinsichtlich der streitigen Berechnungen bezüglich des Nutzungsersatzanspruchs der Darlehensnehmer gegenüber der Bank betreffend der von ihnen auf die SIKB-Darlehen mit den Endnr. xxx und xxx gezahlten Zins- und Tilgungsraten auf Folgendes hin:

    In dem die Klägerin in dem Vertragsgefüge zwischen Klägerin, Beklagten und SIKB/Kfw gegenüber den Beklagten auch bezüglich des den besonderen Bedingungen der SIKB/KFW unterliegenden Darlehens als Darlehensgeberin aufgetreten ist, haben die Parteien ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten auch insoweit und ausdrücklich dem Darlehensrecht unterstellt. Die Refinanzierung der Klägerin über die SIKB/Kfw lässt sich damit nicht als im Rechtssinne im Auftrag der Beklagten erfolgt qualifizieren (OLG Stuttgart, Urteil vom 24. November 2015 — 6 U 140/14 Rn. 70, juris; Urteil vom 6. Oktober 2015-6 U 148/14 Rn. 68, juris, OLG Koblen, 7.10.2016, 8 U 1325/15 juris). Den Beklagten steht mithin nach Widerruf dieser Darlehensverträge gegen die Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung der an die SIKB- Darlehen Zins — und Tilgungsraten zu. Das stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Die Beklagten können außerdem grundsätzlich Herausgabe von Nutzungen verlangen, die die Klägerin in Zusammenhang mit diesen Darlehen gezogen hat. Dabei gilt auch hier die Vermutung, dass die Klägerin Nutzungen i. H. v. 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zahlung der jeweiligen Raten gezogen hat; diese Vermutung hat sie, soweit sie geringere Nutzungen in ihre Berechnung einstellt, wie hier, zu widerlegen.
    Die Beklagten haben mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin die jeweiligen Raten unmittelbar an die SIKB durchgereicht hat. Damit steht nicht fest, dass diese Beträge der Klägerin nicht zur Verfügung standen und sie Nutzungen daraus tatsächlich nicht gezogen haben kann. Darüber hinaus behaupten die Beklagten, selbst unter Berücksichtigung der von der Klägerin zugestandenen einbehaltenen Margen habe diese höhere Nutzungen erzielt, als sie in ihrer hilfsweisen Berechnung bei Heranziehung von Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über Basiszinssatz angegeben habe.
    Nach den bekannten Berechnungsgrundsätzen der Kammer wäre, sofern die Weiterleitung der Raten an die SIKB und ihr Umfang dargelegt und belegt werden sollte, der Nutzungsersatz für die beiden SIKB Darlehen wie folgt zu berechnen:

    Ist nur die Differenz, die durch die unterschiedlichen Zinssätze entsteht, die die SIKB einerseits der Klägerin und andererseits die Klägerin den Beklagten gewähren verblieben, die sich nach den vorgelegten Verträgen auf 0,55% belaufen soll, könnte nur daraus ein Nutzungsersatzanspruch der Beklagten in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz errechnet werden.

  3. Avatar von LGSaar
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von nice
    Lass mich raten, kann ja nur die DKB sein.........
    nein, es ist die Sparkasse Neunkirchen im Saarland. Sie ist viel schlimmer.
    Ich habe noch mit den folgen einer reinen Feststellungsklage zu kämpfen. Der Widerruf ist zwar durch, hat aber nichts gebracht. Jetzt streiten wir in einem zweiten Verfahren über die Rückabwicklung. Deshalb würde ich empfehlen keine reine Feststellungsklagen zu erheben, sondern gleich die Forderungen zu beziffern. Sonnst läuft man Gefahr, dass man zwei Prozesse durchmachen muss. Das ist dann nichts für schwache nerven und es dauert 4-5 Jahre. Ich habe schon drei Jahre hinter mir, und es ist keine Ende in Sicht.

  4. Avatar von LGSaar
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Ich würde gerne den Ansatz von vbk1000 zur Ermittlung der tatsächlich noch überlassenen Darlehensvaluta aufgreifen, obwohl einige hier diese sogar für rechtswidrig halten. Ich halte sie für durchaus vertretbar und sogar mit dem Rücktrittsrecht konform.

    Der BGH hat gesagt der DN muss die Ausgangsvaluta ohne eine Teiltilgung zurückgewähren und der DG die Ratenzahlungen. Damit ist der Zustand der vor dem Vertrag bestanden hat hergestellt.

    Weiterhin sind die Nutzungen die die Parteien aus dem Geld gezogen haben herauszugeben.
    Im Spiel steht die Darlehensvaluta. Bei der Berechnung des NWE muss ermittelt werden wer hatte von diesem Geld wie viel und wie lange genutzt. Am Anfang hat der DN die Valuta gehabt und hat sie genutzt, später hat er sie der Bank monatlich in Raten zurückerstattet und dann konnte die Bank diese nutzen.
    Bei Nutzungen geht es doch darum wer welches Geld wann genutzt hat. Ich glaube hier machen wir einen Denkfehler.
    Wir müssen strickt zwischen der Verpflichtung zur Herausgabe der ganzen Valuta durch den DN und der Ratenzahlungen durch die DG und der gezogenen Nutzungen unterscheiden.
    Bei den gezogenen Nutzungen wird nur der Teil verzins der jemandem zur Verfügung gestanden hat. Bei der Berechnung der Gebrauchsvorteile unterstellen wir, dass der DN auch den Zinsanteil weiter genutzt hat. Das hat er aber nicht, weil die Bank diese ja am Ende des Monats bekommen hat. Dadurch machen wir eine monatliche Verrechnung.
    Das ist aber bei einem Rückgewährschuldverhältnis nicht möglich. Wir vermischen den Vertrag mit dem RGSCHV. Das darf aber laut BGH nicht sein.

    Bei den gezogenen Nutzungen aus den Ratenzahlungen machen wir diese monatliche Verrechnung nicht. Den da müssten wir dann nach unserer Logik die am Ende des Monats berechneten Nutzungen zu der Kumulierten Summe der Zahlungen den DN dazu addieren, denn die Bank hat ja diese Nutzungen nicht monatlich herausgegeben, sondern hat sie weitergenutzt.

    Also bei der Ermittlung der Gebrauchsvorteile nach der jetzigen Berechnungsmethode gestehen wir der Bank die Gebrauchsvorteile gleich am Ende des Monats, und auf der DN Seite erst am Widerrusdatum. Das dürfte meiner Meinung nach nicht sein.
    Erst wenn wir die ganze Rate abziehen um die Restschuld am Ende des Monats zu ermitteln, macht der BGH -Beschluss Sinn. Wir haben eine Schwierigkeit den BGH zu verstehen, weil er die Schuld und NWE komplett getrennt betrachtet, was auch juristisch richtig ist.

    Jetzt kommt Ihr und sagt das ist aber das Geld der Bank warum soll sie Nutzungen daraus herausgeben. Betrachtet auf die Nutzungen ist das Geld doch nicht der Bank, denn Sie bekommt im Rahmen des RGSCHV Ihr Geld mit der Herausgabe der Ausgangsvaluta ohne eine Teiltilgung zurück.

    Der NWE entsteht erst mit dem Widerruf. Die Ansprüche aus dem RGWSCHV können im Rahmen des Vertrages nicht erfüllt werden, den zu diesem Zeitpunkt gab es kein RGSCHV.
    Es ist wirtschaftlich unlogisch, aber juristisch korrekt und kann selbst von BGH nicht korrigiert werden. Das hat er ja deutlich gesagt.

    Das Gericht sagt in meinem Fall in dem Hinweisbeschluss, die Bank muss nur auf den tatsächlichen Betrag Nutzungen herausgeben, den sie wirklich zur Verfügung hatte. Ich hatte die Zinsen auch nicht zur Verfügung gehabt. Dafür muss ich aber nach unseren bisherigen Berechnungen indirekt der Bank Nutzungen herausgegeben, weil diese von der Restschuld am Ende des Monates nicht abgezogen werden, und weiter verzinst werden. Das ist ein Zinseszins Effekt. Wir haben hier nicht mit einem Darlehensvertragsverzinsung zu tun, sondern mit NWE, der erst mit dem Widerruf entstanden ist. Bis dahin war der Vertrag im Schwebezustand.

  5. Avatar von benre
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    @LGSaar
    Um welche genaue Sparkassenbelehrung ging es bei dir?

  6. Avatar von LGSaar
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    aus 2008 mit frühestens, Fußnote "Bitte im Einzelfall prüfen" und Finanzierte Geschäfte. Ich hatte aber noch zwei kfw Kredite ohne Fußnote und ohne Finanzierte Geschäfte ebenfalls mit frühestens.

  7. Avatar von Recht_so
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von LGSaar

    Nach den bekannten Berechnungsgrundsätzen der Kammer wäre, sofern die Weiterleitung der Raten an die SIKB und ihr Umfang dargelegt und belegt werden sollte, der Nutzungsersatz für die beiden SIKB Darlehen wie folgt zu berechnen:

    Ist nur die Differenz, die durch die unterschiedlichen Zinssätze entsteht, die die SIKB einerseits der Klägerin und andererseits die Klägerin den Beklagten gewähren verblieben, die sich nach den vorgelegten Verträgen auf 0,55% belaufen soll, könnte nur daraus ein Nutzungsersatzanspruch der Beklagten in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz errechnet werden.
    Sollte die Sparkasse die Zahlungen an die SIKB belegen, wird es spannend sein zu sehen, ob das LG Saarbrücken dann im Urteil vom eigenen Rechtsstandpunkt aus folgerichtig rechnet. In dem hier schon mal verlinkten (leider nicht vollständig wiedergegebenen) Urteil des LG Bonn vom 25.10.2016 - 3 O 236/16 - hat das Gericht bei KfW-Darlehen die von der Bank herauszugebenden Nutzungen auch auf 2,5 %p. üBZ aus der Zinsmarge beschränken wollen, bei der anschließenden Dreisatzrechnung aber augenscheinlich nicht berücksichtigt, dass die von den Klägern gezahlten Raten gewiss nicht nur Zinsen, sondern auch einen Tilgungsanteil beinhalteten, welcher im Rahmen der Refinanzierung voll an die Förderbank weitergeleitet wird.

    Das LG Saarbrücken müsste vom eigenen Standpunkt aus für LGSaars Nutzungsherausgabeansprüche bei den SIKB-Darlehen zu einem Ergebnis kommen, wie es sich nach der sog. Winneke-Methode mit 2,5 %p. üBZ für ein mit 0,55 % p. a. verzinstes Darlehen ergibt, während sich die Nutzungswertersatzansprüche der Sparkasse nach dem Vertragszins bestimmen werden.

    Ob es überhaupt richtig ist zu unterstellen, die Sparkasse habe aus den an die SIKB weitergeleiteten Zahlungen keine Nutzungen gezogen, ist eine andere Frage.

  8. Avatar von LGSaar
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Die Kreditzusage der SIKB hat schon mal nicht gereicht, denn diese hat die Sparkasse schon vorgelegt. Allerdings hat sie keine Zahlungen vorgelegt. Das sie tatsächlich beweisen kann die Ratenzahlungen an die SIKB weitergeleitet zu haben bezweifele ich, denn das hätte sie in dem letzten Schriftsatz gemacht.

    Für mich stellt sich die Frage was ist mit der Gewinnmarge von 0,55%. Ist das keine Nutzung? Die Sparkasse hat ja diesen Betrag als Gewinn behalten. Bei einer Rückabwicklung ist aber kein Platz für ein Gewinn sonnst würde die Sparkasse besser da stehen als wenn sie die Kredite gar nicht vergeben hätte. Nach der Rechtsprechung des BGH soll durch die Rückabwicklung der Zustand wieder hergestellt werden, der vor Darlehnsvergabe geherrscht hat.
    Weiterhin ist der Gewinn als Eigenkapital zu sehen und wenigstens mit der Eigenkapitalrendite zu verzinsen. Oder ich reiche noch eine Berechnung nach der Ducnici-Methode mit der Zinsspanne ein.

    Es gab mal ein Urteil von LG Düsseldorf oder Köln bei dem die Bank die Gewinnmarge plus die daraus gezogenen Nutzungen herausgeben musste. Ich habe leider kein Aktenzeichen dazu. Wenn jemand sich daran erinnern könnte wäre das gut.

  9. Avatar von Recht_so
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von LGSaar

    Es gab mal ein Urteil von LG Düsseldorf oder Köln bei dem die Bank die Gewinnmarge plus die daraus gezogenen Nutzungen herausgeben musste. Ich habe leider kein Aktenzeichen dazu. Wenn jemand sich daran erinnern könnte wäre das gut.
    Dass die Bank infolge des Widerrufs die Gewinnmarge und die hieraus gezogenen Nutzungen herauszugeben hat, ist doch unstreitig, denn die Gewinnmarge ist Teil der vom Darlehensnehmer gezahlten Zinsen und diese (und lt. BGH die Tilgung) hat die Bank vollständig nebst den gezogenen Nutzungen zurückzugewähren. Du meinst doch vielmehr, dass der Darlehensnehmer seinerseits höchstens Nutzungswertersatz in Höhe des Bankeneinstandszinssatzes leisten muss. Ich wüsste nicht, dass irgendein Gericht das schon mal so entschieden hätte.

  10. Avatar von LGSaar
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Recht_so
    Dass die Bank infolge des Widerrufs die Gewinnmarge und die hieraus gezogenen Nutzungen herauszugeben hat, ist doch unstreitig, denn die Gewinnmarge ist Teil der vom Darlehensnehmer gezahlten Zinsen und diese (und lt. BGH die Tilgung) hat die Bank vollständig nebst den gezogenen Nutzungen zurückzugewähren. Du meinst doch vielmehr, dass der Darlehensnehmer seinerseits höchstens Nutzungswertersatz in Höhe des Bankeneinstandszinssatzes leisten muss. Ich wüsste nicht, dass irgendein Gericht das schon mal so entschieden hätte.

    Es gibt ein Urteil darüber. Ich habe es nur noch nicht gefunden. Wenn ich es hab poste ich es hier. Das habe ich mal von Herrn Herrmann von test.de erfahren.

  11. Avatar von Widerruf jetzt
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Richtig: siehe dazu auch meinen extra thread

    AMTSGERICHT HAMBURG-WANDSBEK: DARLEHENSPROLONGATIONEN SIND NACH DEM FERNABSATZRECHT WIDERRUFBAR

    Rechtstipp vom 12.01.2017
    (1 Bewertung)
    aus dem Rechtsgebiet Bankrecht & Kapitalmarktrecht
    PSD Bank Nord eG muss gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen

    Das von der Kanzlei Dr. Eckardt und Klinger erzielte Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 08.11.2016, Az.: 715 C 53/16, hat die Widerrufsmöglichkeit von im Fernabsatz geschlossenen Darlehensprolongationen bestätigt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

    Unsere Mandanten hatten im Jahr 1997 zwei Darlehensverträge bei der PSD Bank Nord eG abgeschlossen. Im April 2002 und 2007 sowie im Juli 2010 trafen die Parteien jeweils neue Zinsfestschreibungen.

    Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek bestätigte den Widerruf der 2010 geschlossenen Darlehensprolongationen. Das Widerrufsrecht folge aus § 312d a.F., weil die Prolongationen ausschließlich auf dem Postweg geschlossen worden waren. Das Amtsgericht bestätigte die von uns vertretene Auffassung, dass es für die Widerrufbarkeit nach dem Fernabsatzrecht nicht darauf ankommt, ob mit der Prolongation ein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wurde.

    Der Darlehensnehmer treffe nämlich zum Ablauf des Zinsfestschreibungszeitraums praktisch eine neue Anlageentscheidung. Der Widerruf ließ daher die Bindung an die Prolongationsvereinbarung entfallen, sodass diese rückabzuwickeln ist. Mangels wirksamer Zinsfestschreibung konnten unsere Mandanten die im Jahr 1997 geschlossenen Darlehensverträge kündigen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Infolgedessen verurteilte das Amtsgericht die verklagte Bank auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

    Der Widerruf nach dem Fernabsatzrecht ist insbesondere für die Darlehensnehmer interessant, die den ursprünglich geschlosenen Darlehensvertrag nicht widerrufen können, aber später eine Prolongationsvereinbarung abgeschlossen haben. Betroffene Darlehensnehmer sollten daher von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht prüfen lassen, ob sie die abgeschlossenen Zinsfestschreibungen noch widerrufen können. Die Kanzlei Dr. Eckardt und Klinger steht Ihnen gerne für diese Prüfung und die Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Verfügung.

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    https://www.anwalt.de/rechtstipps/am...ar_096143.html

  12. Avatar von Marc33
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    "Nachbelehrung" der Aufsichtsbehörde nun auch durch die BW Bank:
    Bei Test stand ja schon, dass einzelne Sparkassen die Angabe der Aufsichtsbehörde über einen Ausdruck auf dem Kontoauszug nachholen (https://www.test.de/Immobilienkredit...18800-4926283/).
    Am Samstag habe ich meine Jahreszinsbescheinigung erhalten.
    Dort findet sich ebenfalls erstmals ein solcher Text.
    Bei meinem Darlehen dürfte das ziemlich uninteressant sein (Darlehen aus 2000, prolongiert in 2012). Aber vielleicht macht sich ja jemand den Spaß und fragt nach, was uns die BW damit sagen möchte.

  13. Avatar von Texis
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Ehrlich gesagt denke ich nicht, dass die Angabe der Aufsichtsbehörde etwas mit der Widerrufsthematik zu tun hat.

    Wie immer lässt das BGH Urteil vom 22.11.2016 Az. XI ZR 434/15 auf sich warten. Andere Urteile vom XI. Senat als Widerrufssachen werden oft irgendwie schneller veröffentlicht.

    Ohne Urteil und weitere Ausführungen des BGHs kann man natürlich nur orakeln. Aber wenn Pflichtinformationen fehlen, dann können diese zwar nachgeholt werden, aber es steht doch schon in den WRI, dass sodann die Widerrufsfrist einen Monat gilt und der DN darauf hingewiesen werden muss.
    Ein derartiger Hinweis findet sich doch sicherlich in keiner Weise auf den hier genannten Dokumenten. Daher ist die Angabe völlig belanglos. Die Aufsichtsbehörde steht überall, im Netz auf der Homepage der Bank und man kann sie googlen. Wenn einfach das kommentarlose Aufdrucken irgendwo reichen würde, wäre es wohl nie ein Fehler.

  14. Avatar von dogfight76
    dogfight76 ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Wenn eine meiner Banken zu diesem "Trick" greifen sollte verhält sich das wie bei mir ?
    Es wurde bei beiden Banken schon Klage eingereicht.

    Also hilft Ihnen diese versteckte Nachbelehrung bei mir nicht, oder ?

    Gruß

  15. Avatar von Texis
    Texis ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Nach dem erklärten Widerruf erteilte Informationen sind ohnehin völlig irrelevant.

  16. Avatar von Widerruf jetzt
    Widerruf jetzt ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Widerruf jetzt
    Hallo liebe Mitstreiter

    Ich habe jetzt hier einen Vertrag der Sparkasse aus März 2013. Darin wird ausführlich über die „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“, also für den Fall des Vorliegens eines verbundenen Vertrages belehrt, obwohl nach meiner Prüfung kein solcher vorliegt.

    Das Darlehen wurde zeitgleich mit einem Bausparvertrag abgeschlossen. Beide Verträge sind allerdings selbstständig. Der Bausparvertrag ist nicht mit einem Vorausdarlehen oder einem anschließenden Bauspardarlehen kombiniert, sondern es handelt sich um einen reinen Bausparvertrag.

    Parallel dazu wurde bei der Sparkasse ein endfälliges, tilgungsfreies Darlehen geschlossen. Dieses soll dann bei Fälligkeit mit dem Bausparguthaben zurückgezahlt werden, so die Konstruktion.

    Unter diesen Voraussetzungen dürfte aber kein verbundener Vertrag vorliegen.

    Der BGH hat mit Urteil vom 05.05.2015, Az. XI ZR 406/13 entschieden, dass in einer solchen Konstruktion keine verbundenen Verträge vorliegen.

    Bei derartigen Konstruktionen gelte das nur (liegen also nur dann verbundene Verträge vor), wenn der Bausparvertrag (oder im Fall des BGH die Kapital-Lebensversicherung) mitfinanziert wird durch das Darlehen, wenn also ein Teil der Darlehensvaluta in den Bausparvertrag eingezahlt wird und dieser damit zum Teil ausgefüllt wird.

    Damit ergibt sich, dass die gesamte Widerrufsbelehrung zu dem DV fehlerhaft ist, weil falsch über tatsächlich nicht vorliegende verbundene Verträge belehrt wird.

    Da diese Konstruktion doch recht häufig gewählt worden ist, dürfte sich daraus auch die Widerrufbarkeit von vielen Verträgen, die nach dem 10.06.2010 geschlossen worden sind, ergeben.

    Das Urteil des BGH erging zwar zu einem Verbraucherdarlehensvertrag, der mit einer gleichzeitig abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung zusammenhing, die Argumente gelten aber meines Erachtens genauso für einen gleichzeitig abgeschlossenen Bausparvertrag.

    Entscheidend ist, so der BGH, Folgendes:
    Zitat:

    Denn § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF enthält zwei eigenständige Voraussetzungen (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2013 XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 30; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 358 Rn. 29; Palandt/ Grüneberg, BGB, 74. Aufl. § 358 Rn. 10; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 358 Rn. 25; Nobbe/Maihold, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 358 BGB Rn. 25, 36). So muss erstens das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dienen und zweitens müssen beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Fehlt schon der notwendige Finanzierungszusammenhang, weil die Versicherungsprämie nicht ganz oder teilweise aus dem Darlehen finanziert wird, kommt es nicht mehr darauf an, ob Darlehens- und Kapitallebensversicherungsvertrag deshalb eine wirtschaftliche Einheit bilden, weil die Aussetzung der Tilgung des Darlehens nur im Hinblick auf den parallelen Abschluss des Versicherungsvertrags, mit dessen Ablaufleistung später die Tilgung erfolgen soll, vereinbart wurde. In diesem Fall dient wie auch die Revision einräumt nicht das Darlehen der Finanzierung des Kapitallebensversicherungsvertrags, sondern die aus anderen Mitteln anzusparende Versicherungssumme dient der Tilgung des Verbraucherdarlehens. Diese Konstellation wird von § 358 Abs. 3 BGB aF nicht erfasst.“

    Im hier vorliegenden Fall gibt es sogar ein parallel abgeschlossenes zweites Darlehen, welches kein endfälliges, tilgungsfreies Darlehen ist, sondern ein ganz normales Tilgungsdarlehen. Dennoch enthält auch diese Widerrufsbelehrung die umfangreichen Hinweise und Belehrungen zu verbundenen Verträgen.

    wj
    Hallo Mitstreiter,

    Ich komme noch einmal auf mein obenstehendes Posting zurück.

    Habt ihr dazu schon Rechtsprechung oder Erfahrungen, ob entsprechende Formulierungen nicht nur die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen lassen, sondern auch direkt zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung führen?

    Die Widerrufsbelehrungen der SK hatten zwar seinerzeit auch nur teilweise die Pflichtangaben genannt. Die nur teilweise Nennung von Pflichtangaben hat aber der BGH ja mittlerweile als nicht fehlerhaft abgesegnet.

    In meinem Fall wird in der WRB der BSV sogar ausdrücklich mit Nr. benannt...

    Dass Darlehen und Bausparvertrag keine verbundenen Geschäfte sind, hatte zwischenzeitlich auch das

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 01. Juli 2016 – 4 U 10/16 –, juris

    entschieden.

    Wj


  17. Avatar von Widerruf jetzt
    Widerruf jetzt ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Widerruf jetzt
    Hallo Mitstreiter,

    Zitat von Widerruf jetzt Hallo liebe Mitstreiter

    Ich habe jetzt hier einen Vertrag der Sparkasse aus März 2013. Darin wird ausführlich über die „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“, also für den Fall des Vorliegens eines verbundenen Vertrages belehrt, obwohl nach meiner Prüfung kein solcher vorliegt.

    Das Darlehen wurde zeitgleich mit einem Bausparvertrag abgeschlossen. Beide Verträge sind allerdings selbstständig. Der Bausparvertrag ist nicht mit einem Vorausdarlehen oder einem anschließenden Bauspardarlehen kombiniert, sondern es handelt sich um einen reinen Bausparvertrag.

    Parallel dazu wurde bei der Sparkasse ein endfälliges, tilgungsfreies Darlehen geschlossen. Dieses soll dann bei Fälligkeit mit dem Bausparguthaben zurückgezahlt werden, so die Konstruktion.

    Unter diesen Voraussetzungen dürfte aber kein verbundener Vertrag vorliegen.

    Der BGH hat mit Urteil vom 05.05.2015, Az. XI ZR 406/13 entschieden, dass in einer solchen Konstruktion keine verbundenen Verträge vorliegen.

    Bei derartigen Konstruktionen gelte das nur (liegen also nur dann verbundene Verträge vor), wenn der Bausparvertrag (oder im Fall des BGH die Kapital-Lebensversicherung) mitfinanziert wird durch das Darlehen, wenn also ein Teil der Darlehensvaluta in den Bausparvertrag eingezahlt wird und dieser damit zum Teil ausgefüllt wird.

    Damit ergibt sich, dass die gesamte Widerrufsbelehrung zu dem DV fehlerhaft ist, weil falsch über tatsächlich nicht vorliegende verbundene Verträge belehrt wird.

    Da diese Konstruktion doch recht häufig gewählt worden ist, dürfte sich daraus auch die Widerrufbarkeit von vielen Verträgen, die nach dem 10.06.2010 geschlossen worden sind, ergeben.

    Das Urteil des BGH erging zwar zu einem Verbraucherdarlehensvertrag, der mit einer gleichzeitig abgeschlossenen Kapital-Lebensversicherung zusammenhing, die Argumente gelten aber meines Erachtens genauso für einen gleichzeitig abgeschlossenen Bausparvertrag.

    Entscheidend ist, so der BGH, Folgendes:
    Zitat:

    Denn § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB aF enthält zwei eigenständige Voraussetzungen (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 2013 XI ZR 6/12, WM 2013, 1314 Rn. 30; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 358 Rn. 29; Palandt/ Grüneberg, BGB, 74. Aufl. § 358 Rn. 10; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 358 Rn. 25; Nobbe/Maihold, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Aufl., § 358 BGB Rn. 25, 36). So muss erstens das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dienen und zweitens müssen beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Fehlt schon der notwendige Finanzierungszusammenhang, weil die Versicherungsprämie nicht ganz oder teilweise aus dem Darlehen finanziert wird, kommt es nicht mehr darauf an, ob Darlehens- und Kapitallebensversicherungsvertrag deshalb eine wirtschaftliche Einheit bilden, weil die Aussetzung der Tilgung des Darlehens nur im Hinblick auf den parallelen Abschluss des Versicherungsvertrags, mit dessen Ablaufleistung später die Tilgung erfolgen soll, vereinbart wurde. In diesem Fall dient wie auch die Revision einräumt nicht das Darlehen der Finanzierung des Kapitallebensversicherungsvertrags, sondern die aus anderen Mitteln anzusparende Versicherungssumme dient der Tilgung des Verbraucherdarlehens. Diese Konstellation wird von § 358 Abs. 3 BGB aF nicht erfasst.“

    Im hier vorliegenden Fall gibt es sogar ein parallel abgeschlossenes zweites Darlehen, welches kein endfälliges, tilgungsfreies Darlehen ist, sondern ein ganz normales Tilgungsdarlehen. Dennoch enthält auch diese Widerrufsbelehrung die umfangreichen Hinweise und Belehrungen zu verbundenen Verträgen.

    wj


    Hallo Mitstreiter,

    Ich komme noch einmal auf mein obenstehendes Posting zurück.

    Habt ihr dazu schon Rechtsprechung oder Erfahrungen, ob entsprechende Formulierungen nicht nur die Gesetzlichkeitsfiktion entfallen lassen, sondern auch direkt zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung führen?

    Die Widerrufsbelehrungen der SK hatten zwar seinerzeit auch nur teilweise die Pflichtangaben genannt. Die nur teilweise Nennung von Pflichtangaben hat aber der BGH ja mittlerweile als nicht fehlerhaft abgesegnet.

    In meinem Fall wird in der WRB der BSV sogar ausdrücklich mit Nr. benannt...

    Dass Darlehen und Bausparvertrag keine verbundenen Geschäfte sind, hatte zwischenzeitlich auch das

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 01. Juli 2016 – 4 U 10/16 –, juris

    entschieden.

    Wj



    Das OLG Karlsruhe führt dazu für den umgekehrten Fall, dass also keine Belehrung über verbundene Geschäfte erfolgte und der Kläger behauptete, es sei eine erforderlich gewesen, wie folgt aus:

    "15a) Der Darlehensvertrag vom 29.12.2011 ist nicht mehr widerruflich. Das Widerrufsrecht der Klägerin ist gemäß §§ 495, 355 Abs. 2 BGB a.F. erloschen. Die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 29.12.2011 (Anlage K 2, S. 2) genügt den gesetzlichen Anforderungen aus §§ 495 Abs. 2, 492 BGB a.F. i.V. mit Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F.
    16aa) Ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs für verbundene Geschäfte (Art. 247 § 12 Abs. 1 Nr. 2 b EGBGB a.F.) war nicht erforderlich, weil der Bausparvertrag nicht i.S. von § 358 Abs. 3 BGB a.F. mit dem Darlehensvertrag verbunden ist. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Darlehensvertrag vom 29.12.2011 und der unter dem 18.11.2011 beantragte Bausparvertrag (Anlage K 8) wirtschaftlich eng miteinander verknüpft waren. Gleichwohl besteht zwischen beiden Verträgen kein Finanzierungszusammenhang i.S. des § 358 BGB a.F.
    17Ein Finanzierungszusammenhang liegt vor, wenn mit dem Darlehen ganz oder teilweise das Entgelt für die Ware oder Leistung aus dem anderen Vertrag finanziert wird (vgl. Palandt/Grüneberg. BGB, 75. Aufl. 2016, § 358 Rn. 10). In dieser Situation sollen die Vorschriften über verbundene Verträge den Verbraucher vor dem Risiko der Aufspaltung von Darlehensvertrag und finanziertem Geschäft schützen. Einerseits soll der Verbraucher bei Widerruf des Darlehensvertrages nicht weiterhin das Entgelt aus dem finanzierten Vertrag schulden und die Ware oder Leistung behalten müssen; andererseits soll er nicht zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet bleiben, wenn ihm gegen den Unternehmer, der die finanzierte Leistung erbracht hat, Einwendungen zustehen (vgl. BGHZ 184, 1, juris Rn. 27; betr. Verbund mit Restschuldversicherung).
    18Vorliegend fehlt es sowohl an einem Entgeltcharakter der aus Darlehensmitteln erbrachten Einzahlung auf den Bausparvertrag als auch an einem typischen Aufspaltungsrisiko. Die Eigenleistungen des Bausparers stellen zwar eine bedingungsgemäße Voraussetzung, aber kein Entgelt für die spätere Darlehensgewährung seitens der Bausparkasse dar. Die Bausparkasse darf die Eigenleistungen nicht auf Dauer behalten; vielmehr wird das angesparte Guthaben nach Zuteilungsreife zur freien Verfügung des Bausparers bereit gestellt (vgl. § 6 Abs. 1 der ABB 11/2010, II 131, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat waren). Außerdem hat der Bausparer schon vor Zuteilungsreife jederzeit ein Kündigungsrecht, das ebenfalls zur Rückgewähr der Eigenleistungen führt (§ 15 ABB). Der Bausparer ist demzufolge nicht gezwungen, der Bausparkasse länger als gewünscht einen zinsgünstigen Kredit zu geben. An die Gegenleistung für das spätere Darlehen, die im Verzicht auf marktübliche Zinsen liegt, ist er - jedenfalls für die Zukunft - ebenfalls nicht gebunden. Infolgedessen kann sich der Darlehensnehmer und Bausparer bei Widerruf des Darlehensvertrages auch ohne Erstreckung der Widerrufsfolgen auf den Bausparvertrag unschwer vom Bausparvertrag lösen. Kündigt er den Bausparvertrag, so bleibt er zwar an den Darlehensvertrag gebunden, erhält aber mit bedingungsgemäßer Auszahlung seines - gem. § 20 ABB einlagengesicherten - Bausparguthabens Barmittel in Höhe der Darlehensvaluta, die eine Darlehenstilgung ermöglichen. Allerdings führt die Kündigung des Bausparvertrages gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 ABB zum Verlust der Abschlussgebühr. Auch kann die vorzeitige Rückführung des Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung auslösen; Zinsverluste aus der Vergangenheit verbleiben ebenfalls beim Verbraucher. Mit diesen Vermögensnachteilen verwirklichen sich aber keine typischen Aufspaltungsrisiken; vielmehr sind sie regelmäßige Folge einer vorzeitigen Lösung von einem Bauspar- oder Darlehensvertrag.
    19Kein schlagendes Argument für einen Verbund ist schließlich die indirekte Finanzierung der Abschlussgebühr, die bedingungsgemäß mit den ersten Einzahlungen auf den Bausparvertrag verrechnet wird (§ 1 Abs. 3 Satz 1 ABB). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dieser Gebühr überhaupt um ein Entgelt für den späteren Bausparkredit handelt (vgl. BGHZ 187, 360, juris Rn. 34f.). Denn jedenfalls fehlt es insoweit an einer Zweckbindung des Darlehens. Der Aufstockungsbetrag sollte nicht der Finanzierung der Abschlussgebühr dienen, sondern die Voraussetzungen für eine Zuteilungsreife des Bausparvertrages mittels Ansparung von Eigenleistungen herbeiführen; die Verrechnung mit der Abschlussgebühr war dabei lediglich Folge der Bausparbedingungen. Zudem reicht die Finanzierung lediglich eines Teils der Abschlussgebühr (€ 1.000,00 von € 1.400,00, vgl. Kontoauszug vom 31.12.2011, Anlage K 8) nicht aus, um den Bausparvertrag insgesamt zu einem verbundenen Vertrag zu machen (vgl. BGHZ 205, 249, juris Rn. 28; betr. Verbund zwischen Darlehensvertrag und tilgungsersetzender Kapitallebensversicherung).
    20bb) Dahinstehen kann die Frage, ob es sich bei dem Bausparvertrag um einen Vertrag über „Zusatzleistungen“ i.S. von § 359a BGB a.F. handelt (vgl. Habersack, in MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 359a Rn. 13). Denn jedenfalls führt die Anwendung des § 359a Abs. 2 BGB a.F. nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung. § 359a Abs. 2 BGB a.F. verweist nicht auf § 358 Abs. 5 BGB a.F.. Aus §§ 495 Abs. 2 Nr. 2b, 492 Abs. 2 BGB i.V. mit Art. 247 § 12 EGBGB a.F. ergibt sich ebenfalls nicht die Pflicht, auf die Widerrufsfolgen gem. § 359a Abs. 2 BGB a.F. hinzuweisen. Die Regelung in Art. 247 § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. verweist lediglich auf § 359a Abs. 1 BGB a.F.. In der Musterbelehrung aus Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. ist denn auch lediglich ein fakultativer Gestaltungshinweis (4c) vorgesehen, demzufolge auf die Folgen des Widerrufs für Verträge über Zusatzleistungen gemäß § 359a Abs. 2 BGB a.F. hingewiesen werden kann (missverständlich insoweit Habersack a.a.O. § 359a Rn. 16).
    21cc) Auch im Übrigen genügt die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen. Sie entspricht inhaltlich der einschlägigen Musterbelehrung und ist drucktechnisch hinreichend hervorgehoben sowie deutlich gestaltet, Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB a.F. Die Belehrung ist durch Einrahmung vom übrigen Vertragstext abgesetzt; die Überschriften „Widerrufsinformation“ und „Widerrufsrecht“ sind durch Fettdruck zusätzlich hervorgehoben; zwei „Binnenkästen“ kennzeichnen die Adresse des Widerrufsempfängers sowie den bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens und Widerruf täglich fällig werdenden Zinsbetrag als besonders wichtige Informationen. Ein situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher kann die Widerrufsbelehrung auf diese Weise nicht übersehen (vgl. zum Maßstab BGH NJW 96, 1964; OLG Stuttgart WM 2014, 995, Rn. 50). Einer weiteren Hervorhebung bedarf es nicht. Insbesondere muss die Widerrufsbelehrung nicht zwingend größere Lettern, eine neue Schrifttype oder Sperrdruck aufweisen, solange sie dem Deutlichkeitsgebot auf andere Weise gerecht wird."

    Wie sie es für den Fall aus, den ich meine: Belehrung über " Besonderheiten bei weiteren Verträgen", obwohl solche verbundenen Verträge gar nicht vorlagen?

    Wj

  18. Avatar von Texis
    Texis ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Das OLG Düsseldorf hat es mit dem Bausparvertrag & Darlehen laut test.de nach alter Rechtslage anders gesehen (OLG Koblenz 19.08.2016 Az. 8 U 1288/15).

    Ich hab es mir aber im Detail nicht angeschaut, nur von test.de, vielleicht lässt sich die Argumentation aber auch auf neueres Recht übertragen. Das von dir zitierte BGH-Urteil ist nur bedingt ergiebig, weil es ebenfalls zur alten Rechtslage ergangen ist und nicht für neuere Darlehensverträge.

    Die Thematik "verbundenes Geschäft" wurde ab dem 11.06.2010 mehrfach neu geregelt und ergänzt. Es gibt seit dem nicht nur verbundene Geschäfte nach § 358 BGB a.F., sondern auch angegebene Geschäfte gemäß § 359a BGB a.F.. Die WRI wurden dahingehend massiv ergänzt und angepasst. Das wird von den Urteilen zur alten Rechtslage alles nicht erfasst.

    Jetzt ist die Frage, welche Passagen bei dir in den WRI genau verwendet wurden aus dem damaligen Muster. Die für verbundene Geschäfte, das könnte man wohl ggf. als eigenen Fehler auslegen, wenn es keine verbundenen Verträge waren oder nur die für angegebene Geschäfte. Ein angegebenes Geschäft könnte insoweit ggf. vorgelegen haben, wenn es genau bezeichnet gewesen ist. Insoweit wären die Ergänzungen in den WRI dann ggf. sogar richtig.

    Eindeutig unnötig und dann ggf. fehlerhaft wären die Ergänzungen in den WRI doch nur dann, wenn weder ein verbundenes noch ein angegebenes Geschäft vorgelegen hat. Laut OLG Karlsruhe handelt es sich aber doch um ein angegebenenes Geschäft bei dem Bausparvertrag. Wenn der BGH das auch so sieht, wären diese Ergänzungen in den WRI also eher kein Fehler. Ausser es werden eben die falschen Bausteine verwendet und für ein verbundenes Geschäft wie für ein angegebenes Geschäft belehrt oder gar nicht und für ein angegebenes Geschäft wie für ein verbundenes Geschäft.

  19. Avatar von ducnici
    ducnici ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Am BGH liegt m.W. ein Fall mit Bausparvertrag & Vorausdarlehen und der Frage ob das als verbundener Vertrag zu gelten habe...

    Am LG Heilbronn bzw. OLG Stuttgart gab es noch eine Klageabweisung, da die Schwäbisch Hall sich wohl ans Muster gehalten hat. Falls kein verbundenes Geschäft vorliegt.

    Ob jetzt NZB oder REV eingereicht wurde & Az, müsste ich nachschauen.

    KV war RA Kunzenbacher aus Bielefeld

    1. und 2. instanzliche Urteile liegen mir vor

  20. Avatar von eugh
    eugh ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Test.de (aaO):


    BW-Bank (unselbstständige Anstalt der Landesbank Baden-Württemberg LBBW), Vertragsdatum test.de nicht bekannt
    Landgericht Köln, Urteil vom 29.12.2016
    Aktenzeichen: 15 O 195/16 (nicht rechtskräftig)
    Verbrauchervertreter: Solmecke Rechtsanwälte, Sieburg/Bonn/Köln u. a.
    Besonderheit: Es handelte sich um eine der so genannten Präventivklagen der Bank (siehe Chronik 24.11.2016). Das Gericht wies die Klage der Bank ab. Der Widerruf war wirksam, weil die Widerrufsbelehrung falsch war und sie auch nicht wegen Verwendung des gesetzlichen Mustertexts als korrekt galt. Der Kläger habe sein Widerrufsrecht auch nicht verwirkt oder rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Entscheidender Fehler in der Widerrufsbelehrung: Die Frist sollte einen Tag, nachdem die Kreditnehmer bestimmte Unterlagen erhalten hatte, „nicht jedoch vor dem Tage des Vertragsschlusses“. Das ist irreführend, urteilte das Landgericht Köln. Wenn es auf den Vertragsschluss ankommt, beginnt die Frist ebenfalls am folgenden Tag und nicht schon sofort.
    [neu 16.01.2017]

  21. Avatar von jensalgebra
    jensalgebra ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Fes
    Es ist Aufgabe der Anwälte, den Prozessstoff umfassend vorzubereiten. Warum schimpft hier eigentlich niemand über seine Anwälte? Wurde vor der Verhandlung ausführlich zu der aktuellen Rechtsprechung des BGH vorgetragen? Bei der Fülle an Rechtsprechung ist es verständlich, dass ein Richter am Landgericht, der gerade wie bspw. in Städten wie Lüneburg eher nebenbei mal einen Widerrufsfall hat, sich damit nicht von sich aus vertieft auseinandersetzt bevor er ein Urteil schreibt, sondern dass auch von den Anwälten verlangt.

    Zum einen also mal überlegen, auf wen man sauer sein sollte. Zum anderen erst sauer sein, wenn du ein klageabweisendes Urteil hast.
    Einen habe ich noch vergessen : als mein Anwalt ein Argument der Richterin mit einem Urteil des OLG Nürnberg entkräften wollte, war die Reaktion: "Ach wissen Sie, Nürnberg ist so weit weg..."
    Da war auch er dann erst einmal sprachlos...

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